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Ein Lehrstuhl – Vier Millionen – Sieben Stiftungen

Chronobiologe Henrik Oster auf dem bundesweit ersten ›Lichtenberg Endowed Chair‹

Davon, dass innere Uhren überall mit hineinspielen, ist Prof. Dr. Henrik Oster überzeugt. Mit ihnen beschäftigt sich der Neurobiologe seit geraumer Zeit. »Sind die unterschiedlichen Uhren der Orga­ne nicht im Takt, gerät das Gleichgewicht unseres Körpers durcheinander«, so Oster.

Dass seine Forschungen von großer Relevanz sowohl für die persönliche als auch für die öffentliche Gesundheit sind, zeigen mögliche Folgen von Schlaf- und zirkadianen Rhythmusstörungen – Stö­rungen im natürlichen Tagesrhythmus –, die mit den Schichtarbeitern über ein Drittel der Bevölke­rung in Industrieländern betreffen. Dazu der Chronobiologe: »Sie begünstigen neben metaboli­schen vor allem neuropsychiatrische Erkrankungen wie Depression, Schizophrenie und Alzheimer. Da dieser Umstand auf ein enges Zusammenspiel zwischen innerer Uhr und neurologischen Funk­tionen hindeutet, sollte es eine zentrale Zukunftsaufgabe von Medizin und Gesellschaft sein, chro­nobiologische Zusammenhänge intensiv zu erforschen, um tageszeitliche Wirkungszusammen­hänge besser zu verstehen und die Ergebnisse in den Lebens- und Arbeitsrhythmus zu integrieren. Mit der Chronotherapie eröffnen sich effizientere und schonendere Behandlungsmethoden – ohne dass überhaupt neue Wirkstoffe erforscht, entwickelt und kostspielig zur Marktreife gebracht wer­den müssten.«

Um diese Forschungsaufgabe an der Universität zu Lübeck zu verstetigen, wurde hier der bundes­weit erste ›Lichtenberg Endowed Chair‹ gegründet. Mit Hilfe des Stifterverbandes für die Deutsche Wissenschaft, der VolkswagenStiftung, der Possehl-Stiftung, der Hanseatischen Universitätsstiftung, der Gemein­nützigen Sparkassenstiftung zu Lübeck, der Jürgen Wessel Stiftung und der Friedrich Bluhme- und Else Jebsen-Stiftung konnten vier Millionen Euro als Grundkapital bereitgestellt werden. Diese Summe ermöglicht, die Professur für Neurobiologie mit dem Schwerpunkt Chronobiologie aus den Erträgen langfristig zu finanzieren.

In ersten Projekten mit weiteren Forschergruppen aus dem CBBM widmet sich Oster der Frage, welche Folgen verkürzte oder zeitlich verschobene Schlafphasen auf den Energiestoffwechsel und das Lernvermögen haben können. Dabei spielen in beiden Fällen ganze Netzwerke von inneren Uhren zusammen, deren Zeit optimal aufeinander abgestimmt sein muss, damit Nahrung optimal verwertet und Erfahrung effizient in Gelerntes umgewandelt wird.

An der chronobiologischen Forschung beteiligen sich immer auch zahlreiche Studierende aus den Lübecker Studiengängen – zurzeit aus den Fachrichtungen Molecular Life Science, Psychologie, Biophysik, Medizinische Ernährungswissenschaft und Medizin – als wissenschaftliche Hilfskräfte, Praktikanten oder im Rahmen ihrer Abschlussarbeiten am Institut.

vordere Reihe: Hans-Jochen Arndt, Ernst Syring, Annalena Löw (Gemeinnützige Sparkassenstiftung zu Lübeck), Gabriele Gillessen-Kaesbach, Oliver Grundei, Heinz Handels, Hendrik Lehnert; dahinter: Max Schön, Wilhelm Krull, Henrik Oster, Andreas Schlüter

Mit ihrer Gründung als Stiftungsuniversität erhielt die Universität zu Lübeck einen Zuwachs an Selbstständigkeit, Flexibilität und Eigenverantwortung und somit die Chance, ihre Effizienz und Innovationsfähigkeit nachhaltig zu steigern. Ein wichtiges Element der DNA der noch jungen Stiftungsuniversität ist ihr Wille, gemeinsam mit Partnern ihr Profil zu schärfen.

Mit den ›Lichtenberg-Stiftungsprofessuren‹, dem Nachfolgeprogramm der Lichtenberg-Professuren, wollen der Stifterverband für die deutsche Wissenschaft und die Volkswagen-Stiftung das hierzulande noch neue Förderinstru­ment des Endowments an Universitäten in Deutschland etablieren. Damit werden Hochschulen dabei unterstützt, herausragende Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus innovativen, zukunftsträchtigen und risikoreichen Forschungsfeldern zu gewinnen. Die Initiative soll sowohl für die Hochschulen als auch für die Inhaber der Professur eine größere Planungssicherheit gewährleisten. Die Universitäten sollen zudem in höherem Maße als bisher eigenverantwortlich und verlässlich Innovations- und Strukturpolitik betreiben können. Zugleich werden sie angeregt, ihre Anstrengungen der externen Mittelakquise zu verstärken.

Die Einwerbung des für die Verstetigung erforderlichen Stiftungskapitals zeichnet das hohe zivilgesellschaftliche Engagement der beteiligten Stiftungen aus und ist zugleich eine eindrucksvolle Bestätigung für die Entscheidung, die Universität zu Lübeck – nicht zuletzt mit Unterstützung durch die Landespolitik – zur ersten Stiftungsuniversität in Schleswig-Holstein umzuwandeln.

Mit dem Endowment hat die Universität zu Lübeck die Chance bekommen, Herrn Prof. Dr. rer. nat. Henrik Oster, zuvor Lichtenberg-Professor der Volkswagen-Stiftung, eine langfristige Perspektive bieten zu können.

Neuer Kommentar

Prof. Dr. Gabriele Gillessen-Kaesbach
»Gute Wissenschaft bedarf des Engagements – Mit der Stiftung Endowed Lichtenberg Chair für Neurobiologie im Stifterverband wird ein wichtiger Meilenstein gesetzt.«

Björn Engholm, Stiftungsratsmitglied der Hanseatischen Universitätsstiftung
»Ein großartiges Projekt – mit unschätzbaren Erkenntnissen und Nutzen insbesondere für Menschen in der Arbeitswelt!«

Hans-Jochen Arndt, Vorsitzender der Jürgen Wessel Stiftung
»Für uns ist es selbstverständlich, die dauerhafte Professur für Chronobiologie zu unterstützen, denn die Breite und Tiefe von Forschung und Lehre sind zu sichern und möglichst noch zu vergrößern.«

Dr. Wilhelm Krull, Generalsekretär der VolkswagenStiftung
»Die Universität Lübeck und ihr philan­thropisches Umfeld haben sich geradezu als idealer Ort erwiesen, um eine kapital­basierte Stiftungsprofessur zu errichten.«

Max Schön, Vorstandsvorsitzender der Possehl-Stiftung
»Gemeinschaftlich wird etwas Neuartiges in Lübeck – aber auch in Deutschland – geschaffen, das jeder einzelne Förderer vermutlich so nicht hätte realisieren können. Die Unabhängigkeit und die Neugier von
Wissenschaft sind zwei Werte von unglaublich hohem gesellschaftlichen Nutzen.«

Wolfgang Pötschke, Vorstandsvorsitzender der Gemeinnützigen Sparkassenstiftung zu Lübeck
»Der Ausbau von Bildungsangeboten und eine lebendige Bürgergesellschaft sind zentrale Anliegen der Gemeinnützigen Sparkassenstiftung, die durch eine dauerhafte Einrichtung der Lichtenberg-Professur hervorragend verknüpft werden.«

Olaf Keim, Geschäftsführer der Hanseatischen Universitätsstiftung
»Die erste Lichtenberg-Stiftungsprofessur kann zum Vorbild für ganz Deutschland werden.«

Dr. Oliver Grundei, Staatssekretär im Ministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur
»Ich gratuliere der Stiftungsuniversität zu diesem großartigen Erfolg. Die Erwartungen, was Stifterinnen und Stifter zu leisten bereit sind, sind deutlich übertroffen worden.«