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Dienstag, 06.06.2017

Forschung

Zwei Fokusfinder-Preise für Medizinische Bildverarbeitung

Dr.-Ing. Tobias Wissel (links), Oskar Maier, M.Sc.

Dr.-Ing. Tobias Wissel und Oskar Maier, M.Sc., entwickelten neue Verfahren für die Strahlentherapie und bei Gehirnläsionen

Zwei Fokusfinder-Preise 2017 der Initiative Bildverarbeitung in Schleswig-Holstein und Hamburg gehen an die Universität zu Lübeck. Dr.-Ing. Tobias Wissel wird für seine Arbeit im Bereich Robotik und Kognitive Systeme und Oskar Maier, M.Sc., im Bereich Medizinische Informatik ausgezeichnet. Die Preise werden am 8. Juni auf den Schleswig-Holsteinischen Bildverarbeitungstagen 2017 in Ahrensburg verliehen (17.10 Uhr, Firma Basler AG, An der Strusbek 60-62).

Dr.-Ing. Tobias Wissel erhält den Preis in der Kategorie „Bildaufnahmetechniken und Bildsignalverarbeitung für den UV/VIS/IR-Bereich“ für seine Doktorarbeit „Tissue Thickness Estimation from Backscattered Light – A Novel Concept for Optical Head Traking in Radiotherapy“. Oskar Maier wird in der Kategorie Bildverarbeitungsanwendungen für den Röntgen/MRT/MPI-Bereich unter anderem für seine Arbeit „Decision Forest Variants for Brain Lesion Segmentation“ ausgezeichnet.

Neuartiges System zur Bewegungsverfolgung für die Strahlentherapie
Im genannten Projekt verfolgte der Industriepartner und Weltmarktführer für Bestrahlungssysteme, Varian Medical Systems, zusammen mit dem Institut für Robotik der Universität zu Lübeck die Entwicklung eines neuartigen Systems zur Bewegungsverfolgung am Kopf für die Strahlentherapie. Das entwickelte Konzept leitet mit Hilfe von Maschinellen Lernalgorithmen Gewebedickeninformation aus Nahinfrarot-Rückstreumustern im Kopf- und Stirnbereich ab, welche bei der Laser-Abtastung des Kopfes während der Behandlung aufgenommen werden. Diese Information ergibt schließlich charakteristische Muster auf den gescannten 3D-Oberflächen, so dass Bewegungen dieser Oberflächen und damit die des darunterliegenden Tumorgewebes hochpräzise über die Zeit verfolgt werden können. Eine hohe klinische Relevanz ergibt sich nicht nur durch die Präzision, sondern auch durch Anwendbarkeit bei kleinen Oberflächenausschnitten mit wenig räumlicher Variation wie der Stirn. Dies kann bis zum Verzicht auf herkömmliche Fixierungsmethoden führen. Dr. Wissel konnte zusammen mit klinischen Instituten des Universitätsklinikums Schleswig-Holstein die Machbarkeit des Konzepts zeigen.

Dr. Tobias Wissel, 1985 in Lutherstadt Wittenberg geboren, studierte Embedded Systems an der University of Essex, UK, und Elektrotechnik mit dem Schwerpunkt Informationselektronik an der Otto-von-Guericke Universität Magdeburg. Für seine Promotion arbeitete er im Bereich klinischer Anwendungen für die Strahlentherapie, Signalverarbeitung und Maschinelles Lernen. Das damit verbundene Forschungsprojekt wurde in einem Team von drei Forschern unter der Leitung von Priv.-Doz. Dr. rer. nat. Floris Ernst und Prof. Achim Schweikard am Institut für Robotik und Kognitive Systeme der Universität zu Lübeck initiiert und umgesetzt. Dr. Wissel forscht gegenwärtig im Bereich Medizintechnik (Digital Imaging) bei Philips GmbH Innovative Technologies, Research Laboratories Hamburg.

Zufällige Entscheidungsbäume zur Segmentierung von Gehirnläsionen
Oskar Maier, M.Sc., erhält den Preis für seine Arbeit zur vollautomatischen Segmentierung von Läsionen in mehrdimensionalen Bildern des Gehirns. Verschiedene Krankheiten, wie zum Beispiel Schlaganfall, Multiple Sklerose (MS) und Gehirntumore, führen zu punktuellen Veränderungen im Gehirngewebe, sogenannten Läsionen. Mit geeigneten Bildgebungsverfahren können diese visualisiert werden. Für eine zuverlässige Diagnose, informierte Behandlungsentscheidungen und belastbare klinische Forschung sind eine genaue Lokalisation der Schädigung sowie die Bestimmung des Ausmaßes erforderlich. Diese Läsionssegmentierung wird bisher manuell durchgeführt. Die erhaltenen Ergebnisse weisen jedoch große Unterschiede auf und sind nur zeitaufwendig zu erstellen. Im Rahmen der Dissertation präsentiert Oskar Maier eine Reihe innovativer, vollautomatischer Methoden des Maschinellen Lernens, die verlässliche und qualitativ hochwertige Segmentierungen liefern. Die Ansätze wurden in mehreren internationalen Wettbewerben ausgezeichnet, unter anderem für die Schlaganfall- und MS-Segmentierung. Die größte Herausforderung ist das sehr variable Erscheinungsbild der Läsionen. Zu den wichtigsten Neuerungen zählt ein semi-überwachter Ansatz mit zufälligen Entscheidungsbäumen, mit dem zeitlich konsistente Segmentierungen mehrerer MS-Zeitpunkte erreicht werden.

Oskar Maier, 1985 in Berlin geboren, erhielt seinen B.Sc. in Informationstechnologie von der Technischen Universität Hamburg-Harburg und seinen M.Sc. in Computer Science mit Auszeichnung von der Politechnika Wrocławska (PL), wo er auch mit dem wissenschaftlichen Arbeiten in der Bildverarbeitung begann. Als Forscher in der Gruppe Biomedical Imaging Technologies der Universidad Politécnica de Madrid (ES) spezialisierte er sich auf die medizinische Bildverarbeitung und erhielt einen ersten internationalen Preis für seine Methoden. Zuletzt promovierte er am Institut für Medizinische Informatik der Universität zu Lübeck unter der Betreuung von Institutsdirektor Prof. Dr. Heinz Handels. Unter anderem editierte Oskar Maier Bücher, organisierte Workshops und gewann mehrere internationale Auszeichnungen. Der Fokusfinderpreis in der Kategorie „Bildverarbeitungsanwendungen für den Bereich Röntgen, Magnetresonanztomographie (MRT) und Magnetic Particle Imaging (MPI)“ zeichnet nun sein Gesamtwerk aus.

Der Preis „Fokusfinder“ wird von der „Initiative Bildverarbeitung e.V.“ mit Sitz an der Fachhochschule Westküste in Heide seit 2009 jährlich vergeben. Die Auszeichnung ist mit jeweils 1.000 Euro dotiert und wird für herausragende praxisrelevante Leistungen von Absolventinnen und Absolventen der Hochschulen in Schleswig-Holstein und Hamburg in drei Preiskategorien zuerkannt. Weiterer Preisträger 2017 ist Jan Gögelens, M.Sc., von der Hochschule für Angewandte Wissenschaften in Hamburg.