Website
Aktuelles
Samstag, 10.11.2018

Forschung

Universität Lübeck an nationalem Zentrum für Rettungsrobotik beteiligt

Eines der Projektziele: Einsatzkräfte und Robotersysteme wirken bei der Gefahrenabwehr zusammen (Foto: Feuerwehr Dortmund)

Institut für Robotik und Kognitive Systeme sorgt für die Integration der Medizintechnik in das nationale Kompetenzzentrum - Gemeinsamer Projektauftakt am 6. Dezember

Die Universität zu Lübeck ist über ihr Institut für Robotik und Kognitive Systeme am künftigen Deutschen Rettungsrobotik-Zentrum (DRZ) beteiligt. Das Kompetenzzentrum für Robotersysteme in menschenfeindlichen Umgebungen mit Standort in Dortmund wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert. Der gemeinsame Projektauftakt mit zahlreichen Partnern aus Gefahrenabwehr, Forschung und Industrie findet am 6. Dezember 2018 statt.  

Das Kompetenzzentrum, in dem mobile Robotersysteme für die zivile Gefahrenabwehr in einem sogenannten „Living Lab“ erforscht und entwickelt werden, entsteht in den nächsten Jahren auf dem ehemaligen Industriegelände Phönix-West in Dortmund. Eine Besonderheit des Labors sind die angeschlossenen, innen und außen liegenden Versuchsflächen, auf denen die Systeme gemeinsam mit Anwendern auf ihre Einsatztauglichkeit in verschiedenen Szenarien erprobt werden. Die Universität zu Lübeck ist Gründungsmitglied im Trägerverein DRZ e.V. Leiter des Lübecker Teilprojekts ist Prof. Dr. Floris Ernst.

Der Ausgangspunkt für das Kompetenzzentrum ist die gesteigerte Komplexität der Herausforderungen, mit der die Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben (BOS) täglich bei der Bewältigung ihrer Aufgaben konfrontiert werden. Trotz guter Ausbildung, ausgereifter taktischer Konzepte und zuverlässiger Schutzausrüstung werden jedes Jahr weltweit zahlreiche Einsatzkräfte bei ihrer Arbeit verletzt oder getötet. Mit fortschreitender technischer Entwicklung ist jedoch absehbar, dass mobile Robotersysteme künftig zunehmend Aufgaben übernehmen können, um die Einsatzabwicklung effektiver und sicherer für Einsatzkräfte, gefährdete Menschen und andere Schutzgüter zu gestalten.

Das Institut für Robotik und Kognitive Systeme der Universität zu Lübeck befasst sich mit computergestützten Methoden der Medizintechnik von Intensivversorgung bis hin zur Robotik. Im Rahmen des Forschungsvorhabens wird seine Aufgabe vor allem die Integration der Medizintechnik in das Kompetenzzentrum sein. Neben technischen Beiträgen geschieht dies auch in Form von Schulungen, Vorlesungen und Praktika, bei denen der Kontakt zwischen Ärzten, Robotik-Entwicklern und Anwendern im BOS-Bereich hergestellt wird.

Bessere Koordinierung der Einsatzkräfte, bessere Versorgung der Opfer

Als erster Schritt zur praktischen Integration der Komponente „Mensch“ in die Rettungsrobotik wird ein Modul zur Erkennung und Charakterisierung von Verletzten erforscht. Das Sensormodul soll die berührungslose Identifikation von Menschen sowie eine berührungslose Messung der wichtigsten Vitalzeichen wie Herzfrequenz und Blutoxygenierung, ermöglichen. Der aktive Ansatz zur Vitalzeichenbestimmung bietet dabei eine maximale Störsicherheit in Gebieten, wo herkömmliche Methoden der Bildverarbeitung versagen. Sensordaten werden modularisiert in das Gesamtkonzept eingegliedert und fließen so in Darstellungen und komplexe Entscheidungsszenarien anderer Teilprojekte ein.

Durch dieses neuartige Nutzlastmodul entsteht unmittelbarer Mehrwert sowohl für die Anwender (Einsatzkräfte) wie auch für Opfer bzw. Patienten im Einsatzgebiet. Insbesondere die Möglichkeit, vor dem (risikobehafteten) Einsatz von Fachpersonal die Vitalzeichen potentieller Opfer analysieren zu können, wird es ermöglichen, eine bessere Koordinierung der Einsatzkräfte durchzuführen. Grundsätzlich ist auf Basis der erhobenen Daten dann auch eine Priorisierung nach Schwere der Verletzung möglich. Hierdurch lässt sich im Katastrophenfall der Einsatz besser steuern, was zu einer Verringerung des Risikos für die Einsatzkräfte und zu einer verbesserten Versorgung der Unfallopfer führen kann.

Ein weiterer Punkt ist die Fortentwicklung dezentraler Demonstratoren. Ausgehend von bereits existierenden Demonstratoren im Bereich autonomer Segelboote zur Gewässererkundung werden Robotersysteme für den Hochwasserschutz weiterentwickelt. So werden neben autonomen Wasserfahrzeugen Flugroboter zur Probenentnahme und kontaktbehafteten Messung mit einer Wasserlandefähigkeit und begrenzter Mobilität unter Wasser ausgestattet.

Forschung für die zivile Sicherheit

Gefördert wird dieses zunächst auf vier Jahre angelegte Projekt durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) im Rahmen der Förderbekanntmachung „Zivile Sicherheit – Innovationslabore/Kompetenzzentren für Robotersysteme in menschenfeindlichen Umgebungen“ (Förderkennzeichen 13N14852 bis 13N14863) im Rahmen des Programms „Forschung für die zivile Sicherheit 2012 bis 2017“ der Bundesregierung und wird von dem interdisziplinär und namenhaft zusammengesetzten Verbund, bestehend aus Anwendern, Industrie, Hochschulen und Forschungseinrichtungen getragen. Langfristiges Ziel ist es, über diese Initiierungs- bzw. Förderphase hinaus, ein wissenschaftlich-orientiertes Kompetenzzentrum zu etablieren, das mit seinen Partnern innovative Entwicklungen vorantreibt. Auf diese Weise soll immer leistungsfähigere Robotik-Technologie für Rettungskräfte am Markt verfügbar werden.

Die Anforderungen aus der Einsatzpraxis werden die zu entwickelnden Rettungsroboter prägen. Aus diesem Grund wird der Forschungsverbund durch das Institut für Feuerwehr- und Rettungstechnologie der Feuerwehr Dortmund koordiniert. Die Besonderheit des Projektes liegt in seiner Struktur und nachhaltigen Ausrichtung: Durch den bereits von den Projektpartnern als Trägerorganisation gegründeten Verein „Deutsches Rettungsrobotik-Zentrum e.V.“ (DRZ e.V.) soll das Kompetenzzentrum aufgebaut, betrieben und nach einer möglichen weiteren Förderphase langfristig weiterbestehen und kontinuierlich ausgebaut werden.

Unter den weiteren Partnern des Verbunds sind die Universität Bonn, die Technischen Universitäten Dortmund und Darmstadt, die Fraunhofer-Institute für Intelligente Analyse- und Informationssysteme, für Kommunikation, Informationsverarbeitung und Ergonomie und für Hochfrequenztechnik und Radarphysik, die Bundesämter für Strahlenschutz und für Materialprüfung, das Landeskriminalamt Berlin, das Deutsche Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz und eine Reihe von Industriepartnern.

Prof. Dr. Floris Ernst, Institut für Robotik und Kognitive Systeme der Universität zu Lübeck