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Freitag, 02.12.2011

Forschung

Suchtexperten sprechen sich gegen die Neuregelungen der Landesregierung für den Glücksspielmarkt in Schleswig-Holstein aus

Tagung der Deutschen Gesellschaft für Suchtforschung und Suchttherapie in Lübeck

In Lübeck tagende Suchtexperten kritisieren die von der Landesregierung Schleswig-Holstein beschlossene Regelung zur Öffnung des Glücksspielmarktes. Die Deutsche Gesellschaft für Suchtforschung und Suchttherapie (DG-Sucht) veranstaltet ihre Klausurtagung in diesem Jahr zu dem Thema „Nicht-stoffgebundene Süchte: Aktuelle Entwicklung, Abgrenzungen und Versorgungsrelevanz“ vom 2. bis 4. Dezember 2011 in Lübeck. Inhaltlich geht es dabei um die sogenannten Verhaltenssüchte.

Während die Glücksspielsucht zu einer mittlerweile anerkannten Suchterkrankung zählt, werden andere Verhaltenssüchte noch kontrovers diskutiert. Insbesondere die Internetabhängigkeit stand in der letzten Zeit im besonderen Blickpunkt der Öffentlichkeit. „Auch wenn noch keine einheitliche Definition dieser Störung vorliegt, haben wir in einer bundesweiten Studie deutliche Hinweise darauf gefunden, dass bei 1% der Allgemeinbevölkerung ein suchthaftes Verhalten im Zusammenhang mit der Internetnutzung besteht“, sagt Privatdozent Dr. Hans-Jürgen Rumpf von der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie der Universität zu Lübeck, der die Tagung leitet. Weitere Süchte, die im Bürgerschaftssaal des Rathauses von den Experten diskutiert werden, beziehen sich auf die Verhaltensbereiche Essen, Sex und Kaufen.

Mit großer Sorge sieht die DG-Sucht die Entwicklungen des Glücksspielstaatsvertrages in Schleswig-Holstein. Im September hatte es einen umstrittenen Alleingang des Bundeslandes zur Öffnung des Sportwetten-Marktes für private Anbieter gegeben. „Bei dieser Regelung werden die Notwendigkeiten des Spielerschutzes nicht ausreichend berücksichtigt. Die Glücksspielsucht ist eine sehr schwer wiegende Erkrankung. DieHälfte der verspielten Gelder stammen nach Daten des Instituts für Recht und Wirtschaft der Universität Hamburg von Suchtkranken, die häufig bereits hoch verschuldet sind. Der Glücksspielstaatsvertrag in Schleswig-Holstein läuft den Bestrebungen, Menschen vor der Entwicklung dieser Sucht zu schützen, zuwider“, betont der Vizepräsident der DG-Sucht, Professor Dr. Karl Mann aus Mannheim.

Insgesamt ist nach einer Studie der Universitäten Lübeck und Greifswald davon auszugehen, dass in Deutschland etwa 500.000 Menschen im Laufe Ihres Lebens unter einer Glücksspielsucht gelitten haben. Es wird befürchtet, dass durch die Liberalisierung des Glücksspielmarktes die Zahl der Spielsüchtigen steigt. Daher fordert der Präsident der DG-Sucht, Professor Dr. Anil Batra aus Tübingen, dass ein staatliches Monopol bundesweit erhalten bleiben muss und Sportwetten sowie Internetspiel weiterhin verboten bleiben sollen. Die Ministerpräsidenten der Bundesländer werden den neuen Staatsvertrag am 15. Dezember verabschieden. Die Experten befürchten nun, dass Schleswig-Holstein bei seinem liberalen Sonderweg bleiben wird.