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Freitag, 12.01.2001

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Schleswig-holsteinische Universitätsklinika unter einem gemeinsamen organisatorischen Dach?

Stellungnahme des Vorstands des UKL zu den Absichten der Landesregierung

Zu den heute bekannt gegebenen Absichten der schleswig-holsteinischen Landesregierung, die Universitätsklinika in Kiel und Lübeck "unter ein gemeinsames organisatorisches Dach zusammenführen" zu wollen, nimmt der Vorstand des Universitätsklinikums Lübeck (UKL) wie folgt Stellung. "Der Vorstand wurde zwei Stunden vor der heutigen Pressekonferenz in Kiel, gegen 9.00 Uhr, von der Ministerin für Bildung, Wissenschaft, Forschung und Kultur, Frau Erdsiek-Rave, über die politische Absicht des Landes und die bevorstehende Pressekonferenz der Ministerpräsidentin informiert. Ministerin Erdsiek-Rave betonte, dass das Vorhaben vor allem erforderlich sei, um die beiden Standorte Lübeck und Kiel nachhaltig zu sichern.

Wie wir uns fühlen? Wie jemand sich fühlen muss, der unvorbereitet von seiner Entlassung, von der Streichung seiner Stelle erfährt. Im Geschäftsleben wäre es ein sehr ungewöhnlicher Vorgang, so dramatische Veränderungen zu initiieren, ohne Vorgespräche mit den Leitungsgremien zu führen - diese haben nicht stattgefunden, auch nicht im Aufsichtsrat.

Die rechtliche Verselbstständigung der Universitätsklinika vor zwei Jahren bedeutete mit der Einsetzung der neuen Vorstände einen klaren Auftrag: Wirtschaftlicher Erfolg des Universitätsklinikums als eigenständiges Unternehmen, wissenschaftliche und klinische Profilbildung, Positionierung im Spannungsfeld zwischen Wissenschaftsrat und Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes Schleswig-Holstein. In gutem Einverständnis mit dem Ministerium für Bildung, Wissenschaft, Forschung und Kultur des Landes Schleswig-Holstein konnten wir in der kurzen Zeit gute, richtungsweisende Projekte auf den Weg bringen, in gutem Glauben, eine ernstgemeinte Reform sei jetzt konstruktiv umzusetzen. Dr. Stegner, Staatssekretär im Ministerium für Bildung, Wissenschaft, Forschung und Kultur des Landes Schleswig-Holstein, hat den Erfolg dieses eingeschlagenen Weges im Dezember 2000 offiziell in einer Pressemitteilung bestätigt.

Jetzt ist die Zukunft wieder ungewiss. Bleibt uns in den verbleibenden zwei Jahren nur noch die Rolles eines Konkursverwalters? Die Nachricht wirkt demotivierend, nachdem alle Beteiligten in den vergangenen Jahren große Anstrengungen unternommen haben. Hat jemand darüber nachgedacht, wie unter den angekündigten neuen Bedingungen die Qualität der medizinischen Versorgung, der Lehre und der Forschung aufrecht erhalten und die Konkurrenz zu anderen Bundesländern bestanden werden kann?

Zwischen einer vielleicht prinzipiell guten politischen Idee und der Ebene der Machbarkeit ist ein weiter Weg. Nicht alle Fusionen führen zum gewünschten Erfolg, Daimler und Chrysler sind nur ein Beispiel. Wir brauchen jetzt eine Zeit der Reorientierung. Ziel ist eine besonnene, jedoch klare Reaktion nach Gesprächen mit den Ministerien. Wir werden uns dann anschließend umfassend schriftlich äußern.

Wir erwarten, dass die Ministerpräsidentin die Information nicht nur über die Presse vermitteln lässt, sondern im direkten Gespräch mit den Vorständen der Universitätsklinika und in den Aufsichtsräten die anstehenden Probleme bespricht. Wirtschaftlich erscheint uns das Projekt kaum sinnvoll umsetzbar; wie soll z. B. ein Betrieb einer Größenordnung von einer halben Milliarde DM Umsatz ohne Führung vor Ort geleitet werden? Es erscheint uns zweifelhaft, ob die beabsichtigten Einsparungen wirklich so erreichbar sind. Das gesamte Vorhaben erscheint insgesamt noch nicht durchdacht. Die politische Absichtserklärung muss solange offen bleiben, bis ein überzeugendes Konzept vorliegt."

Prof. Dr. med. Detlef Kömpf
Ärztlicher Direktor und Vorsitzender des Vorstands
des Universitätsklinikums Lübeck