Ein internationales Forscherteam hat eine neue Funktion des Komplementsystems gefunden, die für die Aktivierung von T-Zellen essentiell ist
Das Komplementsystem und das Inflammasom sind Teile des angeborenen Immunsys-tems und spielen eine wichtige Rolle bei der Erkennung und Elimination von Pathoge-nen. Das Inflammasom ist ein Komplex verschiedener Proteine in Zellen des angeborenen Immunsystems, wie z.B. Makrophagen, das nach Erkennung von Pathogenen zur Freisetzung des pro-entzündlichen Zytokins Interleukin (IL)-1β führt. Die Aktivierung der hautsächlich in der Leber generierten Komplementfaktoren C3 und C5 durch Pathogene führt zu Spaltprodukten, die die Erreger für Zellen des angeborenen Immunsystems besser sichtbar machen, so dass sie eliminiert werden können. Die Existenz des Inflammasoms in T-Zellen des erworbenen Immunsystems und die Produktion von Komplemenfaktoren sowie Komplementrezeptoren war bisher nicht bekannt.
Das internationale Forscherteam unter Leitung von Prof. Claudia Kemper vom Kings College in London mit Beteiligung von Prof. Jörg Köhl vom Institut für Systemische Entzündungsforschung der Universität zu Lübeck fand nun heraus, dass aktivierte humane T-Zellen nicht nur das Komplementprotein C5 produzieren, sondern es auch durch eine eigene Protease in das Aktivierungsprodukt C5a spalten. Darüber hinaus exprimieren die T-Zellen intrazellulär einen der beiden C5a Rezeptoren (C5aR1), der über das endogen produzierte C5a aktiviert wird. Dadurch werden reaktive Sauerstoffmoleküle generiert. Nicht nur die Komplementaktivierung in aktivierten T-Zellen ist völlig unerwartet, sondern auch, dass die reaktiven Sauerstoffmoleküle zur Aktivierung des sogenannten NRLP3 Inflammasoms mit nachfolgender Freisetzung von IL-1β in den aktivierten T-Zellen führt. Über die Expression des zweiten C5a Rezeptors (C5aR2) auf der Zelloberfläche von T-Zellen wird die Inflammasom-Aktivierung in den T-Zellen beendet.
Hervorzuheben ist, dass dieser neue Mechanismus zur Aktivierung von T-Zellen von entscheidender Bedeutung für die Differenzierung der T-Zellen zu sogenannten Th1-Zellen ist, die in großen Mengen das Zytokin Interferon (IFN-γ) ausschütten. IFN-γ ist ein Schlüsselzytokin für die Aktivierung von Makrophagen, damit sie sich adäquat mit intrazellulären Erregern wie Mykobakterien oder Parasiten auseinandersetzen können. Die Forscher fanden zudem, dass eine Mutation im NRLP3, die zu einem konstitutiv aktiven Molekül führt, bei diesen Patienten mit der Entwicklung von hyperaktiven T Zellen assoziiert ist, die verstärkt IFN-γ freisetzen. Darüber hinaus entdeckten sie in einem experimentellen Virus-Infektionsmodell, dass die IFN-γ Produktion in NLRP3-defizienten T-Zellen massiv vermindert ist. Last but but not least führte die NLRP3-Defizienz in T-Zellen in einem experimentellen Kolitis-Modell zu einer unkontrollierten Infiltration mit T-Zellen, die das Zytokin IL-17 freisetzen, was eine massive Verstärkung der Kolitis zur Folge hatte.
Zusammengenommen zeigen die Befunde, dass die Interaktion von intrazellulär aktiviertem Komplement mit dem NLRP3 Inflammasom von fundamentaler Bedeutung für die Differenzierung von sogenannten IFN-γ produzierenden Th1-Zellen ist. Der überraschende Befund, dass Komponenten und Aktivierungswege, die bisher vor allem dem angeborenen Immunsystem zugeschrieben wurden, auch im erworbenen Immunsystem aktiv sind, zeigt, dass beide Systeme stärker miteinander verknüpft sind als bisher angenommen. Zudem stellt die Komplement-Inflammasom-Achse eine neue therapeutische Zielstruktur für die Modulation der Th1-Antwort bei Infektionen und Autoimmunerkrankungen dar.
Referenz
T helper 1 immunity requires complement-driven NLRP3 inflammasome activity in CD4+ T cells. Science 2016, published online first June 17, 2016.
für die Ukraine