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Donnerstag, 09.07.2009

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Neue, praxisnahe Prüfungsform im Lübecker Medizinstudium

Medizinstudium: Technische Routine und Empathie

Medizinstudium: Technische Routine und Empathie

Menschliche Empathie und technische Routine als Lernziele in der Notfallmedizin

Im Medizinstudium der Universität zu Lübeck wird eine neue, ausgesprochen praxisnahe Prüfungsform eingeführt. Die Abschlussprüfung des Kurses Notfallmedizin am Ende des zweiten klinischen Semesters findet in diesem Jahr am 15. und 16. Juli erstmals in Form einer "Objective Structured Clinical Examination" (OSCE) statt.

Alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Kurses durchlaufen eine Reihe von Stationen, in denen sie teilweise an Geräten oder Puppen, teilweise an Patienten-Darstellern (Schauspielern) ihre notfallmedizinischen Fähigkeiten unter Beweis stellen müssen. In bestimmten Situationen kann dies bedeuten, schnell die richtigen lebensrettenden Maßnahmen zu ergreifen. In weniger schweren Fällen kommt es darauf an, mit der Patientin oder dem Patienten auf eine situationsgerechte Weise in Kommunikation zu treten.

Der mit dieser neuen Prüfungsform verbundene Aufwand ist erheblich. Es müssen insgesamt 111 Studierende geprüft werden, und zwar an vorerst sechs Stationen; später sollen es noch mehr werden. Um die Chancen für alle Prüflinge gleich zu halten, ist der Durchgang der einzelnen Prüflinge durch die Stationen einem festen Zeittakt eingeordnet. Jeweils zwölf Prüflinge werden gleichzeitig geprüft. Der zeitliche Aufwand für jeden einzelnen beträgt insgesamt 40 Minuten. Der gesamte Parcours der Stationen wird doppelt aufgebaut, um den Ablauf an zwei Tagen bewältigen zu können. Alle Experten stimmen aber darin überein, dass der erhebliche Prüfungsaufwand gerechtfertigt ist - stellt er doch sicher, dass die Studierenden genau das in das Zentrum ihres Lernens stellen, was sie später in der Praxis benötigen: das von zwischenmenschlicher Empathie getragene und zugleich technisch routinierte Handeln.

Die Notfallmedizin spielt im Lübecker Medizinstudium eine bedeutende Rolle. Die Ausbildung der Studierenden ist in einem "Fünf-Stufen-Konzept" über das gesamte Medizinstudium verteilt. Bereits im ersten Semester des gesamten Studiums, noch bevor die Vorlesungen in den Vorklinischen Fächern wie Physik, Biochemie oder Anatomie beginnen, werden alle Studierenden der Medizin in der Behandlung von Notfällen und in der Wiederbelebung geschult. Verglichen mit der Tradition und der noch heute üblichen Organisation des Studiums an den meisten Universitäten ist dies keineswegs selbstverständlich.

Vertieft und erweitert werden die im ersten Semester erworbenen Kenntnisse durch mehrere folgende Vorlesungen und Kurse im klinischen Abschnitt des Studiums. Hierzu gehört auch das "Notarztwagen-Praktikum", bei dem die Studierenden die Notärztinnen und Notärzte auf dem Notarzt-Einsatzfahrzeug mehrere Tage begleiten und wichtige Erfahrungen hinsichtlich des Einsatzes vor Ort sammeln.

Nach jeder dieser Lehrveranstaltungen wird der Lernerfolg bei den Studierenden abgeprüft. Die Art der Prüfung waren bislang Klausuren, in denen eine Reihe von Fragen in einer vorgegebenen Zeit unter Beaufsichtigung schriftlich zu beantworten war. Es liegt auf der Hand, dass hierdurch zwar theoretische Kenntnisse hervorragend zu prüfen sind, dass aber von diesen nicht ohne weiteres auf die praktischen Fähigkeiten zurückgeschlossen werden kann, die gerade in der Behandlung von Notfällen von herausragender Bedeutung sind.

Hintergrund: Notfallmedizin in Lübeck

Um die unverzügliche Behandlung von Verletzungen oder akut aufgetretenen Erkrankungen sicherzustellen, wurde in der Lübecker Notfallmedizin bereits Juli 1980 das Notarzt-Einsatzfahrzeug der Hansestadt Lübeck in Betrieb genommen. 24 Stunden am Tag und an 365 Tagen im Jahr stehen Ärzte der Universität Lübeck bereit, um in wenigen Minuten mit Hilfe dieses Notarzt-Einsatzfahrzeuges am Ort des Geschehens einzutreffen. Dass die Einrichtung eines Notarztdienstes einem dringenden Bedürfnis der Bevölkerung entspricht, zeigen schon die Einsatzzahlen: Jährlich rückt das Notarzt-Einsatzfahrzeug (NEF) etwa 4.000-mal aus.

Auch für umfangreichere Schadensereignisse ist in Lübeck in vorbildlicher Weise Sorge getragen. Im Juli 1992 wurde die Gruppe Leitender Notärzte ins Leben gerufen. Für alle Fälle, in denen ein einzelner Notarzt zur Bewältigung des Geschehens nicht ausreicht, leistet, ebenfalls rund um die Uhr, ein weiterer erfahrener und speziell für diese Fälle ausgebildeter und trainierter Leitender Notarzt Rufdienst und ist lückenlos erreichbar. Seit mehreren Jahren steht in gleicher Weise zusätzlich ein "Leitender Notarzt See" für maritime Einsätze zur Verfügung. Alle an diesem Dienst teilnehmenden Ärztinnen und Ärzte haben vorab eine umfangreiche Ausbildung absolviert, welche sie in die Lage versetzt, an der Seerettung aktiv mitzuwirken.

Es steht zu hoffen, dass die Region Lübeck von solchen "Großschadensereignissen" verschont bleibt. Zur Vorsorge existieren aber umfangreiche Alarmpläne für die Beschäftigten des Universitätsklinikums, Campus Lübeck, seien es Ärzte, Pflegepersonen oder weiteres Personal. Da die Betten des Klinikums fast stets voll belegt sind, wurde im Jahr 1999 die Notersatzstation im Untergeschoss des Zentralklinikums etabliert, die eine sofortige Aufnahme und Intensivtherapie von bis zu 30 Patienten erlaubt.