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Donnerstag, 16.04.2015

Forschung

Molekulare Details zur Regulation der HCV-Replikation identifiziert

HCV Polyprotein und dessen Prozessierung zu funktionellen Bausteinen (oben), NS3 Struktur mit den identifizierten regulatorischen Aminosäuren (unten; Abb.: Tautz et al.)

Virologen und Zellbiologen aus Lübeck, Heidelberg und den USA klären Mechanismen der Infektion mit dem Hepatitis C Virus genauer auf

Hepatitis C Virus (HCV) ist das wichtigste ätiologische Agens von sporadischen und transfusionsassoziierten non-A, non-B-Hepatitis. Ungefähr die Hälfte aller Infektionen führen zu einer chronischen Form der Lebererkrankung mit verschiedenen klinischen Manifestationen von einem asymptomatischen Trägerstatus bis hin zu chronisch aktiver Hepatitis, Leberzirrhose und Leberzellkarzinom. Das Hepatitis C Virus wird hauptsächlich über die parenterale Route oder durch die Verwendung von kontaminierten Blutprodukten (vor 1991) übertragen. Durch die Durchführung von diagnostischen Tests auf HCV kontaminierte Blutprodukte konnte die Häufigkeit von neuen HCV-Infektionen in den letzten Jahren drastisch gesenkt werden. HCV ist trotzdem weiterhin ein ernstes medizinisches Problem, da über 170 Millionen Menschen dauerhaft mit diesem Virus infiziert sind und ein hohes Risiko für schwere chronische Lebererkrankung wie Leberzirrhose und
Leberzellkarzinom haben.

Wie bei vielen anderen Positivstrang-RNA Viren sind im viralen Lebenszyklus von Hepatitis C während der Assemblierung der viralen Viruspartikel neben den Strukturproteinen auch die Nichtstrukturproteine (NS) sowie verschiedene zelluläre Komponenten involviert. Die Nichtstrukturproteine sind auch essentiell am Prozess der Reifung von viralen Replikationskomplexen beteiligt. Dieser Prozess muss exakt gesteuert werden, um einen funktionellen Zusammenbau viraler Replikationskomplexe zu gewährleisten. Bei diesem Vorgang spielt die zeitliche Regulierung der viralen Polyprotein-Prozessierung oft eine entscheidende Rolle. Die große Bedeutung dieser Regulation ist besonders gut an der zwingenden Notwendigkeit einer effizienten NS2-NS3-Spaltung für eine erfolgreiche HCV Genomreplikation zu beobachten.

Die genauere Charakterisierung der molekularen Mechanismen dieser NS2-NS3
Spaltungsregulation waren Gegenstand der Arbeit von Forschern um Prof. Norbert Tautz (Institut für Virologie und Zellbiologie der Universität zu Lübeck) aus Lübeck, Heidelberg und New Heaven, USA. In dieser Studie wurden neue detaillierte Erkenntnisse darüber gewonnen, wie die Regulation der NS2-NS3 Spaltung auf molekularer Ebene stattfindet und warum eine vollständige Spaltung eine zwingende Voraussetzung für den viralen Lebenszyklus von HCV ist. Sie berichten über ihre Ergebnisse in der aktuellen Ausgabe von PLoS Pathogens.

"Wir zeigen in dieser Arbeit, dass drei konservierte Aminosäuren eines hydrophoben NS3-Oberflächenareals eine wichtige Schalterfunktion im viralen Lebenszyklus besitzen", sagt Prof. Tautz. "Auf der einen Seite sind diese Aminosäuren wichtig für die Aktivierung der NS2 Protease durch NS3, welche zur effizienten NS2-NS3-Spaltung führt. Gleichzeitig ist eine dieser drei Aminosäuren ein kritischer Faktor für die HCV-Genomreplikation, wie eine detaillierte Charakterisierung der beteiligten NS3 Oberflächenreste bezüglich ihrer Rolle in der viralen RNA Replikation zeigte.“

Überraschenderweise ergaben weitere Experimente, dass die NS2-NS3-Spaltung eine zwingende Voraussetzung für die NS5A Hyperphosphorylierung. Diese NS5A Hyperphosphorylierung ist ein Hinweis auf den erfolgreichen Zusammenbau der viralen Replikationskomplexe.

„Unsere Ergebnisse weisen darauf hin, dass im Zuge des schrittweisen Aufbaues von funktionellen viralen Replikationskomplexen eine geordnete Kaskade von molekularen Ereignissen stattfinden muss“, erläutert der Lübecker Virologe. „In ungespaltenem NS2-NS3 fördert das hydrophobe NS3 Oberflächenareal die NS2 Protease Stimulation und damit die NS2-NS3-Spaltung. Nach erfolgreicher NS2-NS3-Spaltung wird dieser NS3 Oberflächenbereich für den nächsten Schritt, dem Zusammenbau der funktionellen Replikase zugänglich. Im Zuge dieser Assemblierung kann das nun freigesetzte NS3 Oberflächeareal durch Protein-Protein Interaktionen, die derzeit in unserer Gruppe genauer untersucht werden, die NS5A Hyperphosphorylierung und damit die Vermehrung des viralen RNA Genoms effektiv fördern.“

Titel der Publikation:
„A Conserved NS3 Surface Patch Orchestrates NS2 Protease Stimulation, NS5AHyperphosphorylation and HCV Genome Replication.“ PLoS Pathogens 10.1371/journal.ppat.1004736
Olaf Isken1, Ulrike Langerwisch1, Vlastimil Jirasko2, Dirk Rehders3, Lars Redecke3, Harish Ramanathan4, Brett D. Lindenbach4, Ralf Bartenschlager2, Norbert Tautz1
1 Institute of Virology and Cell Biology, University of Lübeck, Germany,
2 Department of Molecular Virology, University of Heidelberg, Heidelberg, Germany,
3 Joint Laboratory for Structural Biology of Infection and Inflammation of the University of Hamburg and the University of Lübeck, DESY, Hamburg, Germany,
4 Department of Microbial Pathogenesis, Yale University, New Haven, Connecticut, United States of America.

Die Arbeit wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG, TA 218 2-1) und Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF, Grants 01KX0806 und 01KX0807) gefördert.

Für Rückfragen steht zur Verfügung:
Prof. Norbert Tautz
Institut für Virologie und Zellbiologie
Universität zu Lübeck
Gebäude 62, 2. OG
Ratzeburger Allee 160
23562 Lübeck
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Fax: +49 451 500 3637
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