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Donnerstag, 17.02.2022

Studium

Interprofessionelle Ausbildungsstation

Die Studierenden Alina Struck (v.l.), Maike-Marie Lorenzen, Maike Breede und Markus Poppe arbeiten gemeinsam auf der Ausbildungsstation (Foto: Elena Vogt / Uni Lübeck)

Studierende der Medizin, Pflege und Physiotherapie lernen gemeinsam - Vorbereitung aufs Berufsleben

Am 7. Februar 2022 ist am Universitätsklinikum Schleswig-Holstein (UKSH) die erste interprofessionelle Ausbildungsstation für Studierende der Medizin, Pflege und Physiotherapie in Schleswig-Holstein gestartet. Damit wurde in der berufsgruppenübergreifenden Ausbildung in den Gesundheitsberufen am Campus Lübeck ein wichtiger Schritt von der Theorie in die Praxis vollzogen.

"Es ist toll, dass wir die Chance bekommen alles durchzuspielen und eigenverantwortlich zu arbeiten", sagt Krankenpflegestudentin Maike-Marie Lorenzen. In der täglichen Gesundheitsversorgung ist eine gut funktionierende Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen Berufsgruppen schließlich eine wichtige Voraussetzung für die Sicherheit und die Qualität der Versorgung.

Studien weisen darauf hin, dass hierdurch Fehler und unerwünschte Ereignisse vermieden [1] und die Zufriedenheit der Patientinnen und Patienten verbessert werden können [2]. Eine gute Zusammenarbeit erfordert vielseitige Kompetenzen, zum Beispiel in der Kommunikation und im Verständnis der Aufgaben und Abläufe der verschiedenen beteiligten Berufsgruppen.

Verantwortung für Patientinnen und Patienten

Diese Kompetenzen praxisnah zu lernen und zu festigen, ist das Ziel der Lübecker interprofessionellen Ausbildungsstation, kurz „LIPSTA“ genannt. Etabliert wurde die LIPSTA in der Station A.121 der Klinik für Hämatologie und Onkologie, deren ärztlicher Direktor, Prof. Dr. Nikolas von Bubnoff, das Projekt gemeinsam mit der pflegerischen Teamleitung der Station, Kerstin Schmidt, sowie dem Team des Pflegestudiengangs an der Universität zu Lübeck und der Fachschaft Medizin und Gesundheit an der Universität maßgeblich angestoßen und zur Umsetzung gebracht hat.

Unter der Anleitung und Begleitung durch erfahrene, speziell qualifizierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aller drei beteiligten Berufsgruppen sind die Studierenden während ihres vierwöchigen LIPSTA-Einsatzes für die gesamte Versorgung einer Gruppe von zwei bis vier Patientinnen und Patienten einschließlich organisatorischer und administrativer Aufgaben verantwortlich. Dazu gehören die Planung, Durchführung und Auswertung diagnostischer, therapeutischer und pflegerischer Maßnahmen, die Kommunikation mit den Patientinnen und Patienten und deren Angehörigen sowie die gemeinsame Abstimmung aller notwendigen Behandlungs- und Pflegemaßnahmen.

Feedback und Fortbildungen

Ein spezieller Fokus liegt hierbei auf der Teamarbeit, der gemeinsamen Entscheidungsfindung unter Einbindung der Patientinnen und Patienten sowie der regelmäßigen kritischen Reflexion der Entscheidungen und der Zusammenarbeit. Hierfür sind im Tagesablauf der LIPSTA feste interprofessionelle Elemente eingeplant, wie zum Beispiel die gemeinsame Übergabe, die interprofessionelle Visite mit anschließender Feedbackrunde sowie ein abgestimmtes interprofessionelles Vorgehen bei der Neuaufnahme von Patientinnen und Patienten. Darüber hinaus nehmen die Studierenden wöchentlich am Tumorboard und an interprofessionellen Fortbildungen und Supervisionen teil.

Die Studierenden arbeiten auf der LIPSTA von Montag bis Freitag während der üblichen Dienstzeiten ihrer jeweiligen Berufsgruppe zwischen 6 und 22 Uhr. Im Nachtdienst und an den Wochenenden übernehmen die Kolleginnen und Kollegen der Station A.121 die Versorgung der Patientinnen und Patienten.

Vorbereitung auf Beruf

Insgesamt soll der LIPSTA-Einsatz die Studierenden unmittelbar auf die Berufseinmündung als Ärztin beziehungsweise Arzt, Pflegefachperson und Physiotherapeutin oder Physiotherapeut vorbereiten und dazu befähigen, zunehmend selbstständig Verantwortung für Entscheidungen im interprofessionell abgestimmten Versorgungsprozess zu übernehmen. „Die Versorgung von Patientinnen und Patienten mit einer Krebserkrankung ist komplex und stellt hohe Anforderungen an die Kommunikation mit den Patientinnen und Patienten sowie die Zusammenarbeit im Team", sagt Prof. Dr. Nikolas von Bubnoff. "Die LIPSTA bietet den Studierenden die Chance, praxisnah Fähigkeiten für eine patientenzentrierte Versorgung zu erwerben, das heißt die Versorgung von den individuellen Patientinnen und Patienten mit all ihren Symptomen, Bedürfnissen und Präferenzen aus zu denken und zu verstehen, was jede einzelne Berufsgruppe zu einer passgenauen Versorgung beitragen kann", erklärt Prof. von Bubnoff und nennt damit die Gründe für die Etablierung dieser besonderen „Station in einer Station“ in der Klinik für Hämatologie und Onkologie.

Die LIPSTA ist die erste interprofessionelle Ausbildungsstation in Schleswig-Holstein und bundesweit eine der ersten interprofessionellen Ausbildungsstationen in der Onkologie überhaupt. Das Projekt wird mit einer Anschubfinanzierung von der Schleswig-Holsteinischen Krebsgesellschaft gefördert.

Darüber hinaus stellt die LIPSTA einen wichtigen weiteren Baustein im interprofessionellen Ausbildungsprogramm der Universität zu Lübeck dar. Unter dem Dach der Sektion Medizin bietet die Universität bereits seit mehreren Jahren neben dem Studiengang Humanmedizin auch Bachelorstudiengänge in den patientennahen Gesundheitsfachberufen Ergotherapie und Logopädie, Hebammenwissenschaft, Pflege und Physiotherapie an. Sie hat damit deutschlandweit eine Vorreiterrolle in der akademischen Ausbildung in den Gesundheitsfachberufen an Medizinischen Fakultäten inne und verfügt über ausgezeichnete Voraussetzungen für die interprofessionelle Ausbildung.

In den vergangenen Jahren wurden bereits verschiedene interprofessionelle Lehr- und Lernaktivitäten in die Studienprogramme aufgenommen, wie zum Beispiel der interprofessionelle Tag, hauptsächlich jedoch in den theoretischen Ausbildungsphasen. „Im Pflegestudiengang nimmt die praktische Ausbildung rund die Hälfte der Zeitdauer des Studiums ein und ist außerordentlich prägend für den Kompetenzerwerb. Umso wichtiger ist es, dass es auch in der praktischen Ausbildung Raum gibt, die Kompetenzen für die interprofessionelle Zusammenarbeit und die gemeinsame Versorgung der Patientinnen und Patienten gezielt zu üben und zu festigen“, hebt Prof. Dr. Katrin Balzer, Leiterin des Pflegestudiengangs, die Bedeutung der LIPSTA für diesen Studiengang hervor. Die von ihr geleitete Sektion für Forschung und Lehre in der Pflege wird die LIPSTA-Einsätze wissenschaftlich begleiten; erste Ergebnisse sind im Sommer 2022 zu erwarten. Wie das gesamte Projektteam geht sie davon aus, dass die Erfahrungen aus der LIPSTA wichtige Impulse sowohl für die praktische Ausbildung in den Gesundheitsberufen als auch für die Gestaltung der interprofessionellen Zusammenarbeit im Versorgungsalltag am UKSH geben werden.

[1] Pomare C, Long JC, Churruca K, Ellis LA, Braithwaite J. Interprofessional collaboration in hospitals: a critical, broad-based review of the literature. J Interprof Care. 2020 Jul-Aug;34(4):509-519. doi: 10.1080/13561820.2019.1702515.

[2] Didier A, Dzemaili S, Perrenoud B, Campbell J, Gachoud D, Serex M, Staffoni-Donadini L, Franco L, Benaroyo L, Maya ZS. Patients' perspectives on interprofessional collaboration between health care professionals during hospitalization: a qualitative systematic review. JBI Evid Synth. 2020 Jun;18(6):1208-1270. doi: 10.11124/JBISRIR-D-19-00121.