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Samstag, 16.06.2012

Forschung

Internationale Tagung zum Blutbildungshormon Erythropoietin in Lübeck

Vom 13. - 15. Juli 2012 wird an der Universität zu Lübeck zum neunten Mal die weltweit anerkannte und größte Tagung zum Blutbildungshormon Erythropoietin abgehalten

Ca. 150 renommierte Grundlagenforscher und Kliniker aus dem In- und Ausland werden zur “9th International Lübeck Conference on the Pathophysiology and Pharmacology of Erythropoietin and other Hemopoietic Growth Factors“ in der Hansestadt erwartet. Veranstalter ist das Lübecker Institut für Physiologie (Prof. Wolfgang Jelkmann, Prof. Horst Pagel). In 70 Vorträgen und Posterbeiträgen werden die Teilnehmer(innen) ihre jüngsten Forschungsergebnisse vorstellen.

Erythropoietin (EPO) ist ein Hormon – und gentechnisch hergestellt ein Medikament – von großer physiologischer und pharmakologischer Bedeutung. EPO wird in Abhängigkeit von der O2-Versorgung des Gewebes in den Nieren und anderen Organen produziert und fördert im Prozess der Erythropoiese im Knochenmark die Bildung junger roter Blutzellen. EPO-Mangel führt zwangsläufig zur Blutarmut (Anämie; vor allem bei chronisch Nierenkranken und bei Krebspatienten mit Chemotherapie). EPO-Überschuss bewirkt eine Erythrozytose und kann zu Thrombosen führen (wie z.B. bei der chronischen Bergkrankheit).

Zur biotechnologischen Gewinnung von rekombinantem humanen EPO (rhEPO, Epoetin) wurde das menschliche EPO-Gen in Ovarzellkulturen des Chinesischen Hamsters (CHO-Zellen) eingeschleust. rhEPO und seine Analoga werden zur Behandlung der Anämie bei chronischer Niereninsuffizienz verwendet. Außerdem werden die Erythropoiese stimulierenden Medikamente (ESA, “Erythropoiesis Stimulating Agents“) Krebspatienten, die mit Chemotherapeutika behandelt werden, verabreicht. Primäres Ziel der Gabe von rhEPO und seinen Analoga ist es, die Transfusion von Fremderythrozyten zu vermeiden.

Am Lübecker Institut für Physiologie werden die Transkriptionsfaktoren untersucht, die die O2-abhängige Expression des EPO-Gens und anderer Gene steuern. Damit werden wichtige Beiträge zum Verständnis der molekularen Mechanismen des biologischen “O2-Sensing“ gewonnen. Zu diesem Thema werden während der Tagung auch Frau Dr. Loboda aus Krakau und Dr. Aragones aus Madrid berichten. Prof. Haase aus Nashville wird die Rolle von EPO und O2-Mangel im Eisenhaushalt darstellen, ein Thema, dass bei der rhEPO Therapie von besonderer Bedeutung ist.

Jüngere Studien deuten an, dass EPO nicht nur für die Bildung roter Blutzellen notwendig ist, sondern auch in anderen Geweben vitalisierend wirkt. Frau Prof. Ehrenreich aus Göttingen wird den Einfluss von EPO auf die kognitive Hirnleistung beleuchten. Frau Dr. Günter aus München wird vorläufige Befunde der multizentrischen Studie „EPO in Burns“ vorstellen, in der – mit Lübecker Beteiligung – die Funktion von EPO bei der Wundheilung geprüft wird. Spannend wird auch der Vortrag von Frau Dr. Noguchi aus Bethesda sein, die herausfand, dass EPO in Versuchstieren die Nahrungsaufnahme und das Körpergewicht vermindert.

Letztlich kommt auch die Lübecker Tagung nicht an der „schlechten“ Seite von EPO vorbei. Dr. Neuberger aus Mainz wird sein neues Verfahren zum Nachweis des EPO-Gendopings erläutern.

Der Abstract-Band zu der Tagung erscheint als Supplement der Zeitschrift für Wissenschaft, Forschung und Lehre an der Universität zu Lübeck, focus uni lübeck.