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Freitag, 22.09.2006

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Innovationsfonds fördert Lübecker Forschung mit über 860.000 Euro

Geförderte Projektleiter und Staatssekretär de Jager (3. v.l.)

Geförderte Projektleiter und Staatssekretär de Jager (3. v.l.)

Projekte aus Infarkt- und Stammzellforschung, Infektionsbiologie und Rheumatologie

Mit insgesamt über 860.000 Euro fördert der Innovationsfonds des Landes Schleswig-Holstein vier Forschungsprojekte an der Universität zu Lübeck. Die Übergabe der Förderbewilligungen findet am Freitag, dem 29. September 2006, um 12.30 Uhr im Rektorat der Universität statt. Staatssekretär Jost de Jager aus dem Ministerium für Wissenschaft, Wirtschaft und Verkehr überreicht den erfolgreichen Projektleitern die Bescheide. Gefördert werden die Projekte "Zellanalyse- und Hochgeschwindigkeits- sortiersystem für die Entzündungsforschung auf dem Gebiet der Immunvaskulitiden" (Prof. Dr. med. Peter Lamprecht, Poliklinik für Rheumatologie, 324.216 Euro), "Ionenkanäle als neue Angriffspunkte zur Therapie des myokardialen Ischämie-/Reperfusionsschadens" (Prof. Dr. med. Andreas Dendorfer und Prof. Dr. rer. nat. Heinrich Terlau, Institut für Experimentelle und Klinische Pharmakologie und Toxikologie, 219.000 Euro) und "Native Isolierung charkteristischer Zellen mittels eines Durchflusscytometers mit Sortierfunktion" (Priv.-Doz. Dr. rer. nat. Charli Kruse, Institut für Medizinische Molekularbiologie, 120.000 Euro). Weitergefördert wird das Projekt "Strukturelle Infektionsbiologie, Entdeckung und Charakterisierung neuer Antiinfektiva; Beschaffung eines Titrations- und eines Differential-Scanning-Kalorimeters" (Prof. Dr. rer. nat. Rolf Hilgenfeld, Institut für Biochemie, 197.000 Euro).

Zellanalyse- und Hochgeschwindigkeitssortiersystem für die Entzündungsforschung

Immunvaskulitiden zählen zu den chronisch entzündlichen Systemerkrankungen. Infolge Gefäßentzündungen kommt es bei diesen Erkrankungen zu Organschädigungen mit oft lebensbedrohlichem Verlauf. Das beantragte Gerät (ein so genanntes Flusszytometer) dient der molekularbiologischen Charakterisierung der am Entzündungsgeschehen beteiligten Zellen und ermöglicht die Analyse gleich mehrerer Oberflächen- und intrazellulärer Moleküle. Auf diese Weise können auch neue molekulare, therapeutische Targets erforscht werden. Durch die Förderung des Landes wird eine aus dem schleswig-holsteinischen Vaskulitiszentrum getragenen Forschungsinitiative für eine klinische Forschergruppe ("Frühpathogenese der Wegenerschen Granulomatose", Vorantrag bei der DFG eingereicht) unterstützt und die Forschungsinfrastruktur in Lübeck wesentlich gestärkt.

Ionenkanäle und Herzinfarkt

Beim akuten Herzinfarkt kommt es zu einer Schädigung der Herzmuskelzellen, an der zelluläre Ionenströme wesentlich beteiligt sind. Eine spezifische Beeinflussung dieser pathophysiologischen Ströme könnte zum Schutz des Myokards therapeutisch genutzt werden. Für ein mit spannungsabhängigen Kaliumkanälen interagierendes Peptid aus dem Gift einer Kegelschnecke konnten wir im Tiermodell bereits zeigen, dass es die Herzinfarktgröße verringert. Um die molekularen Mechanismen dieses protektiven Effektes aufzuklären, soll in unserem Projekt die konfokale Laserscanning-Mikroskopie eingesetzt werden. Konfokale Mikroskopie erlaubt es, die beim Herzinfarkt auftretenden Ionenströme und zellulären Schädigungsmechanismen in lebenden Zellen mit subzellulärer Auflösung zu visualisieren. So werden wir intrazelluläre Regulationsprozesse von Ionenkanal-bildenden Proteinen unter pharmakologischer Beeinflussung direkt beobachten können. Diese neuen experimentellen Möglichkeiten sollen genutzt werden, um die Funktionsweise von kardioprotektiv wirkenden Peptiden aus Kegelschneckengiften aufzuklären und neue Substanzen mit vergleichbaren Wirkmechanismen für die Herzinfarkttherapie zu entwickeln. Mit der hochauflösenden Fluoreszenzmikroskopie an lebenden Zellen in Verbindung mit elektrophysiologischen Messungen wollen wir eine innovative Technologie in Lübeck etablieren, die  das experimentelle Spektrum in allen biomedizinischen Forschungsrichtungen erweitern wird. 

Native Isolierung charkteristischer Zellen mittels eines Durchflusscytometers mit Sortierfunktion

Ziel des beantragten Projektes ist die Isolierung, Charakterisierung und Differenzierung von Stamm-/Progenitorzellen aus exokrinen Drüsen, d.h. aus Speicheldrüsen und aus Pankreas, um so eine Zellquelle zur Verfügung zu haben, die zur Geweberegeneration (Speicheldrüsen nach Bestrahlung, Pankreas beim Diabetes-Patienten, Nerven nach Tumoreingriffen etc.) eingesetzt werden kann.

"Strukturelle Infektionsbiologie" - Fortsetzung eines erfolgreichen Projekts

Das Projekt "Strukturelle Infektionsbiologie" wird seit November 2004 von der schleswig-holsteinischen Landesregierung aus Mitteln des Innovationsfonds gefördert (bisher 610.000 Euro). Mit den Geldern wurde auch ein neues Laboratorium für "Strukturbiologie von Infektion und Entzündung" auf dem DESY-Gelände in Hamburg gebaut; dieses stellt eine Außenstelle der Universität Lübeck dar (Einweihung im November 2006). Weitere 197.000 Euro sollen nun die Weiterführung von Arbeiten zur Entdeckung neuer Antiinfektiva ermöglichen.

Komplementär zu dieser Förderung wurden in den vergangenen zwei Jahren Mittel der Europäischen Kommission, der DFG und der German-Israeli Foundation im Umfang von etwa 1,9 Mio. Euro für dieses Vorhaben eingeworben. Im Rahmen des  Projekts werden Virulenzproteine vor allem von Coronaviren (inklusive des SARS-Virus), Coxsackieviren und Lassavirus, von intrazellulären Bakterien wie Legionellen und Chlamydien und vom Malaria-Parasiten Plasmodium falciparum identifiziert und mittels Röntgenkristallographie strukturell charakterisiert. Die so  aufgeklärten Proteinstrukturen werden für die Entdeckung neuer Antiinfektiva eingesetzt. Dabei ist es den Forschern um Prof. Rolf Hilgenfeld kürzlich bereits gelungen, Substanzen mit guter Hemmwirkung für Coxsackieviren und Coronaviren zu finden. Coxsackieviren sind die Verursacher von Herzmuskelentzündungen vor allem bei Kindern, Coronaviren führen zu Lungeninfektionen und können sich epidemieartig über die ganze Welt ausbreiten, wie uns SARS vor drei Jahren gelehrt hat. 

Zur Beschleunigung der Wirkstofffindung soll nun ein innovativer Ansatz beschritten werden. Zunächst werden virtuelle Substanzbanken nach niedermolekularen Verbindungen durchsucht, die an die Substratbindungsstelle des Zielproteins binden könnten. Diese werden chemisch synthetisiert und dabei zugleich einer parallelisierten Derivatisierung unterzogen (bis zu 96 Reaktionen gleichzeitig). Mit Hilfe von im Zentrum für medizinische Struktur- und Zellbiologie (ZMSZ) der Universität Lübeck entwickelten Kernresonanz-Spektroskopie-Verfahren sollen dann Leitverbindungen aus dieser Vielfalt von Substanzen identifiziert und in einer völlig neuartigen Kombination mit der Mikrokalorimetrie auf die Bindung an das Zielprotein untersucht werden. Im Rahmen der jetzt genehmigten Anschlussfinanzierung sollen ein Titrations- und ein Differential-Scanning-Kalorimeter beschafft werden.