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Mittwoch, 12.02.2020

Forschung

Genomanalytik

Dr. Valerija Dobricic und Prof. Dr. Lars Bertram leiten das Projekt STaR-AD (Foto: LIGA)

Weltweit erste Mikrosatelliten-Erfassung zu Alzheimer

Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) fördert die Arbeitsgruppe „Lübecker Interdisziplinäre Plattform für Genomanalytik“ (LIGA) der Universität zu Lübeck mit dem neuen Projekt "STaR-AD". Die DFG gab die Förderung der Erforschung neuer genetischer Mechanismen der Alzheimer Krankheit mittels Next-Generation Sequencing in Höhe von 450.000 Euro Ende 2019 bekannt. Projektleiter sind Dr. Valerija Dobricic und Prof. Lars Bertram.

Die Alzheimer-Krankheit ist die häufigste neurodegenerative Krankheit des Menschen und eine der häufigsten Todesursachen in der industrialisierten Welt. Die Deutsche Alzheimer-Gesellschaft rechnet mit über zwei Millionen Patienten allein in Deutschland bis zum Jahr 2050. Trotz intensiver Forschung gibt es bisher noch keine kausalen Therapie zur Bekämpfung oder Verhinderung dieser für Patienten und Angehörige extrem beeinträchtigenden Krankheit.

Eine wichtige Voraussetzung zur Entwicklung neuer Therapien ist die genaue Kenntnis der krankheitsverursachenden Mechanismen, die der Entstehung der für den Alzheimer typischen Symptome vorausgehen. Eine wichtige Rolle spielen hierbei genetische Faktoren, das heißt bestimmte Veränderungen in der DNA-Sequenz des Menschen, die das Risiko erhöhen, an Alzheimer zu erkranken. In seltenen Fällen sind diese DNA-Veränderungen so schädlich, dass Betroffene eine früh einsetzende, familiäre Form der Erkrankung entwickeln.

Trotz intensiver Forschungsbestrebungen auf dem Gebiet der Genetik der Alzheimer-Krankheit, bleibt aber immer noch ein Großteil der erwarteten Risikoeffekte durch die derzeit bekannten genetischen Faktoren unerklärt - eine Situation, die gemeinhin als Problem der „fehlenden Heritabilität“ bezeichnet wird. Die Aufklärung dieser fehlenden Heritabilität könnte zumindest teilweise durch Forschung an sogenannten Tandem-Repeats erreicht werden, die der Fokus des jetzt von der DFG geförderten Projekts „STaR-AD“ (Role of Short Tandem Repeats in Alzheimer’s Disease) darstellen.

Tandem-Repeats sind repetitive Abschnitte im humanen Genom, die durch ein Tandem-Muster (das heißt Kopf-zu-Schwanz Orientierung) von unterschiedlicher Motivlänge charakterisiert sind. Gemeinhin werden sie als „Short Tandem Repeats“ (STR, auch bekannt als „Mikrosatelliten“; Motivlänge ein bis neun Basenpaare) oder „Minisatelliten“ (Motivlänge zehn bis hundert Basenpaare) klassifiziert. Obwohl eine krankheitsauslösende Wirkung besonders langer (das heißt „expandierter“) STRs bereits für etwa drei Dutzend Krankheiten etabliert ist, war eine systematische Analyse von STRs im Menschen bisher durch Beschränkungen in der laborexperimentellen und computergestützten Auswertung begrenzt. Diese Beschränkungen wurden nun durch technische Neuentwicklungen überwunden.

In „STaR-AD“ plant das Team um Valerija Dobricic und Lars Bertram, die mögliche Rolle von STR-Expansionen in der Pathogenese der Alzheimer-Krankheit systematisch an DNA-Proben von Patienten und deren nicht-erkrankten Geschwistern von Multiplex-AD-Familien zu untersuchen. Hierzu werden in Kooperation mit dem DFG-Kompetenzzentrum für Genomische Analysen des Universitätsklinikums Schleswig-Holstein, Campus Kiel, und der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel Ganzgenomsequenzen mit einem für die STR-Detektion und -Genotypisierung optimierten Hochdurchsatzverfahren generiert. Diese Screeningphase wird nachfolgend ergänzt durch Experimente zur technischen Verifizierung sowie biologischen Validierung identifizierter STRs.

Zusätzlich werden 500 Alzheimer-Patienten mit frühem Erkrankungsalter des Nationalen Französischen Alzheimer-Referenzzentrums (CNR-MAJ; Universität Rouen, Frankreich) zur unabhängigen Kreuzvalidierung analysiert werden. Weitere Kooperationspartner dieses Projekts sind die Harvard Universität in Boston, USA, die Universität Melbourne, Australien, sowie die Bioinformatik-Abteilung der Firma Illumina in San Diego, USA.

Das Projekt „STaR-AD“ repräsentiert die weltweit erste genomweite STR-Analyse via Hochdurchsatzsequenzierung zur Alzheimer-Krankheit. Zusätzlich zur Aufklärung neuer Krankheitsmechanismen des Alzheimers wird das Projekt auch dabei helfen, neue experimentelle und computergestützte Protokolle zur Analyse von STRs in anderen Erkrankungen zu generieren und anzuwenden.