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Mittwoch, 14.11.2018

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Exzellenter Nachwuchs: Die Preise der Universität 2018

Die Preisträgerinnen und Preisträger 2018: Priv.-Doz. Dr. Amir Madany Mamlouk, Priv.-Doz. Dr. André Mastmeyer, Dr. Louisa Bolm, Dr. Sarah Jessen, Dr. Rebecca Ölkrug und Dr.-Ing. Quoc Huy Phan (v.l.n.r.; Fotos: Guido Kollmeier / Universität zu Lübeck)

Forschungsthemen aus der chirurgischen Krebsforschung, der Signalverarbeitung, der Inneren Medizin, der Medizinischen Informatik, der Neuro- und Bioinformatik und der Kognitions- und Neurowissenschaft


Dr. Louisa Bolm, Dr.-Ing. Quoc Huy Phan, Dr. Rebecca Ölkrug, Priv.-Doz. Dr. André Mastmeyer, Priv.-Doz. Dr. Amir Madany Mamlouk und Dr. Sarah Jessen wurden mit den Wissenschaftspreisen und dem Lehrpreis der Universität 2018 ausgezeichnet. Die feierliche Verleihung fand am 14. November im Rathaus der Hansestadt Lübeck statt.

Zu der Veranstaltung begrüßte die Präsidentin der Universität, Prof. Dr. Gabriele Gillessen-Kaesbach. Das Grußwort der Hansestadt Lübeck überbrachte Stadtpräsidentin Gabriele Schopenhauer. Eine Einführung zu den verliehenen Preisen gab Björn Engholm, Ministerpräsident a.D. und Vorstand der Alumni, Freunde und Förderer der Universität e.V. Der Verein ist Stifter der Promotionspreise. Agata Pospieszny umrahmte die Veranstaltung musikalisch auf der Harfe mit Werken von Jacques Ibert, Claude Debussy und Bernard Andrès. Im Anschluss lud das Präsidium der Universität zu einem Empfang im Foyer des Rathauses.

In einem breiten Themenspektrum findet an der Universität zu Lübeck exzellente Nachwuchsforschung auf nationalem und internationalem Niveau statt. Dies belegen die den Preisen zugrunde liegenden Forschungsarbeiten. Die verliehenen Preise sind der Otto-Roth- und der Bernd-Fischer-Preis für herausragende Promotionen in den Bereichen Medizin und MINT (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften, Technik), außerdem der Wissenschafts- und der Lehrpreis der Universität und der Renate-Maaß-Forschungspreis.

Die Preisträgerinnen und Preisträger stellen sich und ihre Forschungsthemen vor:

Dr. med. Louisa Bolm wurde für ihre Dissertation „Die Rolle von Tumor-assoziierten Fib-roblasten, desmoplastischer Stromareaktion und translationalen Prognosefaktoren bei duktalem Adenokarzinom des Pankreas und Ampullenkarzinom“ mit dem Otto-Roth-Preis ausgezeichnet. Die Laudatio hielt Prof. Dr. Tobias Keck, Direktor der Klinik für Allgemeine Chirurgie.

Dr. Bolm hat ihre Promotion 2013 begonnen und dabei die Rolle von Tumor-assoziierten Fibroblasten (Bindegewebszellen) bei Bauchspeicheldrüsenkrebs und Ampullenkarzinomen in laborexperimentellen und klinischen Studien untersucht. Im Rahmen der Arbeit ging es darum, die Interaktion zwischen Tumorzellen und Tumor-assoziierten Fibroblasten und deren Effekte auf die Therapie von Patienten mit Bauchspeicheldrüsenkrebs zu untersuchen. Dabei hat sich gezeigt, dass Tumor-assoziierte Fibroblasten einen negativen Einfluss auf das Gesamtüberleben nehmen. Weiterhin beeinflussen diese Zellen maßgeblich die lokale Ausbreitung der Tumorzellen und haben somit einen entscheidenden Einfluss auf die Operabilität des Tumors und die Ausdehnung der Resektion. Die Ergebnisse konnten in fünf Publikationen in internationalen chirurgischen Journals veröffentlicht werden und wurden auf zahlreichen nationalen und internationalen Kongressen wie beispielsweise dem Deutschen Chirurgiekongress oder dem American Pancreasclub von Dr. Bolm vorgestellt und diskutiert.

Dr. Louisa Bolm hat von 2011 bis 2017 an der Universität zu Lübeck studiert mit klinischen Stationen in an der Universitätsklinik Dresden, dem AKH Wien und dem Memorial Slon Kettering Cancer Center New York. Für die Promotion hat sie im März diesen Jahres den Walter-Brendel-Preis der Deutschen Gesellschaft für Allgemein- und Viszeralchirurgie erhalten. Seit diesem Jahr arbeitet sie in der Klinik für Chirurgie des Universitätsklinikums Schleswig-Holstein, Campus Lübeck, in der Abteilung für Viszeralchirurgie. Die Forschung zu Tumor-assoziierten Fibroblasten bei Bauchspeicheldrüsenkrebs führt sie weiter und betreut weitere klinische und laborexperimentelle Forschungsprojekten zu Bauchspeicheldrüsenkrebs und periampullären Karzinomen.

Der Otto-Roth-Preis ist der Promotionspreis der Sektion Medizin der Universität zu Lübeck. Er wird seit 1979 vom Verein der Alumni, Freunde und Förderer der Universität für eine wissenschaftlich herausragende Lübecker Doktorarbeit vergeben. Prof. Otto Roth (1863 - 1944) war der erste Fachchirurg in Lübeck. Von 1897 bis 1933 leitete er die Chirurgische Abteilung im Allgemeinen Krankenhaus der Hansestadt. Gemeinsam mit Heinrich Dräger (1847 - 1917) entwickelte er den weltbekannten Dräger-Roth-Narkoseapparat, der am Beginn der modernen Narkosetechnik steht. Der Preis ist mit 2.500 Euro dotiert.

Dr.-Ing. Quoc Huy Phan wurde für seine Disseration „Audio Event Detection, Classification, and Beyond“ mit dem Bernd-Fischer-Preis ausgezeichnet. Die Laudatio hielt Prof. Dr.-Ing. Alfred Mertins, Direktor des Instituts für Signalverarbeitung der Universität zu Lübeck.

Huy Phan is passionate about machine hearing a research topic that typically involves developing artificial machines that mimic the abilities of human hearing in perceiving acoustic environments. In his doctoral thesis, he studied the acoustic event detection problem, aiming to teach a computer to recognize specific events in real world using acoustic signals. He developed machine learning algorithms and signal processing techniques to derive representations for acoustic events that allow a computer to distinguish different events. Human ears can acquire knowledge from an acoustic environment continuously; process information from multiple acoustic sources; and can predict, recognize and locate events in advance. Inspired by these, he extended his algorithms and techniques to mimic the abilities of the human ears in a machine hearing system. Although much more needs to be done, this system opens a few new avenues in machine hearing studies and enables several novel applications, such as security surveillance, home-based monitoring for ambience assisted living, and hearing aid used in healthcare and medical applications.

Huy Phan was born in 1986 in Ben Tre, Vietnam. He obtained a B.Sc. degree in computer science at the University of Science in Ho Chi Minh City, Vietnam, followed by an M.Eng degree (by research) in computer engineering at the Nanyang Technological University in Singapore. From 2013 to 2017, he pursued his doctoral degree at the Graduate School and the Institute for Signal Processing of the University of Lübeck. Under the supervision of Prof. Dr.-Ing. Alfred Mertins, his doctoral thesis was awarded summa cum laude by the University's exam committee.

Currently, Huy is a postdoctoral researcher at the University of Oxford in the UK. There, he has been developing computational methods for biomedical engineering with a focus on home-based sleep monitoring and digital health. Recently, he was appointed as a Lecturer in the School of Computing at the University of Kent in the UK. He will start his position in January 2019.

Der Bernd-Fischer-Preis ist der Promotionspreis der Sektionen Informatik/Technik und Naturwissenschaften der Universität zu Lübeck. Er wurde unter diesem Namen 2016 erstmals verliehen und erinnert an den an der Universität außerordentlich engagierten und als Hochschullehrer beliebten, viel zu früh verstorbenen Mathemati-ker Prof. Dr. Bernd Fischer (1957 – 2013). Der Preis ist mit 2.500 Euro dotiert.

Wissenschaftspreis der Universität doppelt vergeben

Dr. rer. nat Rebecca Ölkrug wurde für ihre Arbeit „Dwarfism and insulin resistance in male offspring caused by α1-adrenergic antagonism during pregnancy” und Priv.-Doz. Dr.rer. biol. hum. André Mastmeyer für seine Arbeit „Accurate model-based segmentation of gynecologic brachytherapycatheter collections in MRI-images” mit dem Wissenschaftspreis der Universität zu Lübeck ausgezeichnet. Die Laudatio hielten Prof. Dr. rer. nat. Henrik Oster, Direktor des Instituts für Neurobiologie, und Prof. Dr. rer. nat. Heinz Handels, Direktor des Instituts für Medizinische Informatik der Universität.

Die Forschungsarbeit von Dr. Rebecca Ölkrug konzentriert sich auf die Untersuchung von epigenetischen Programmierungen während der Schwangerschaft, die auch als fetale Programmierung bezeichnet werden. Dieser Forschungszweig stellt eine wichtige Ergänzung für die Aufklärung von Stoffwechselerkrankungen dar, da hier genetische Ursachen nur einen geringen Beitrag ausmachen, und bietet ein hohes Potential die weltweit ansteigende Prävalenz von Adipositas und Diabetes Typ II besser zu verstehen und einzudämmen. Dr. Ölkrug konnte im Rahmen ihrer Arbeiten an der Universität zu Lübeck im Mausmodell zeigen, dass eine medikamentöse Behandlung von Bluthochdruck in der Schwangerschaft mit α1-adrenergen Blockern die epigenetische Programmierung der Wachstumsachse ändert und zu Zwergwuchs und Diabetes in männlichen Nachkommen führt. Die Arbeit wurde im vergangenen Jahr in der renommierten Fachzeitschrift „ Molecular Metabolism“ veröffentlicht (Oelkrug R., Herrmann B., Geissler C., Harder L., Koch C., Lehnert H., Oster H., Kirchner H. und Mittag J. (2017) Molecular Metabolism 6:1126-1136).

Ihre Studie ist der erste wissenschaftliche Nachweis, dass der Einsatz von Alpha-Blockern während der Schwangerschaft sich nachteilig auf die epigenetische Programmierung der Nachkommen auswirken kann. Dementsprechend hoch war das mediale Echo nach der Veröffentlichung dieser wegweisenden Arbeit. Dr. Ölkrug plant nun epidemiologische Studien um zu untersuchen, ob ein ähnlicher Zusammenhang zwischen Alpha-Blockern in der Schwangerschaft und Wachstumsstörungen oder Diabetes Typ II in den Nachkommen auch im Menschen zu beobachten ist.

Rebecca Ölkrug, 1984 in Winterberg geboren, studierte Biologie an der Philipps-Universität zu Marburg und erwarb dort im Jahr 2013 den Doktortitel auf dem Gebiet der Tierphysiologie. Seit 2015 ist sie in der Arbeitsgruppe des Endokrinologen Prof. Dr. rer. nat. Jens Mittag am Center of Brain, Behavior and Metabolism (CBBM) der Universität zu Lübeck als Postdoc tätig.

Die Habilitationsarbeit von Priv.-Doz. Dr. André Mastmeyer im Bereich der Virtuellen Medizin und interventionell assistierenden Gesundheitssysteme wurde am Institut für Medizinische Informatik 2011-2017 angefertigt. In diesem Kontext wurden Nadeleingriffe an virtuellen atmenden Patientenkörpern geplant und auch die Biegungseigenschaften von Nadeln simuliert und mit Bildeigenschaften kombiniert, was in der preisgekrönten Arbeit eine wichtige Rolle zur modellbasierten Fehlerminimierung spielt. Hierdurch wird die Zuordnung eines sich oftmals dunkel und diffus darstellenden Katheterartefakts im MR-Schichtbild zum Koordinatensystem einer am Patienten fixierten Katheterschablone möglich, und die Strahler können in die zur Läsion zielführende Schablonenöffnung ein-gebracht werden. Die in der Arbeit erreichte Fehlergüte stellt aktuell den Goldstandard auch hinsichtlich der Zeiteffizienz in dem Themengebiet der Kathetersegmentierung in intraoperativen MR-Bilddaten dar. In Zukunft sollen die neuartigen Methoden die Brachytherapie bei Prostata- und Cervixkarzinomen durch ein intraoperatives MR-bildbasiertes Assistenzsystem zuverlässiger und sicherer werden lassen.

Andre Mastmeyer, 1973 in Hannover geboren, studierte von 1992 bis 1997 Informatik mit dem Anwendungsfach „Medizinsiche Informatik“ an der Universität Hildesheim. Er promovierte und habilitierte an den Universitäten Erlangen-Nürnberg und Lübeck. Ein Forschungsaufenthalt an der Harvard Medical School, Boston, legte den Grundstein für die in einem internationalen Team entstandene Publikation. Seine Dissertation zur bildbasierten Osteoporosediagnostik fertigte er von 2003-2005 am Institut für Medizinische Physik bei Profes. Dr. Klaus Engelke und Willi A. Kalender an.

Der Wissenschaftspreis der Universität wird seit 2004, initiiert von der Lübecker Mäzenatin und Trägerin der Universitätsmedaille Lisa Dräger, für eine hochrangige wissenschaftliche Publikation aus der Universität verliehen. Er ist mit 2.500 Euro dotiert.

Lehrpreis für Digitale Lehre und Renate-Maaß-Preis für Hirnforschung

Priv.-Doz. Dr. rer. nat. Amir Madany Mamlouk wurde für sein Lehrkonzept „From Zero to Hero: Digitale Lehre - Studierendenzentrierte Lerninseln in der Bioinformatik“ mit dem Lehrpreis der Universität ausgezeichnet. Die Laudatio hielt Dipl.-Psych. Juliana Wiechert, Geschäftsleiterin der Internen Weiterbildung und Hochschuldidaktik der Universität zu Lübeck.

Im Mittelpunkt der Forschung von Dr. Madany steht die Anwendung des Maschinellen Lernens auf Probleme in Medizin und Biowissenschaften. In der hier ausgezeichneten Lehrinnovation "From Zero to Hero" geht es nicht nur um die Digitalisierung einer Lehrveranstaltung, vielmehr geht es um die Frage, wie den Studierenden Lernräume geschaffen werden können, in denen sie sich nicht gestresst, sondern inspiriert fühlen. Mit einem Raumklima, in dem Begeisterung für Wissenschaft entstehen kann und möglichst kein Frust: Statt einer Klausur ergibt sich die Endnote aus Erfahrungspunkten (XPs), die - wie in einem Computerspiel - semesterbegleitend im Online-System erarbeitet werden können. Ergänzend dazu gibt es individuelle Forder- und Förderlinien, die allen Studierenden die Möglichkeit geben, eigene Schwerpunkte zu setzen - und das online, rund um die Uhr.

Dr. Madany Mamlouk arbeitet an diesem Konzept bereits seit fünf Jahren. Im Wintersemester 2017 wurde eine Vorlesung zur Bioinformatik erstmals ausschließlich durch dieses einfache und transparente Punktesystem bewertet. Es hat sich gezeigt, dass das XP-System nicht nur das Potential hat, den Studienstress zu senken und die Motivation der Studierenden nachhaltig zu steigern, es konnte auch gezeigt werden, dass mehr als 80 Prozent der Teilnehmer auch ohne Vorbereitung eine alte Klausur bestanden hätten.

Dr. Amir Madany Mamlouk hat Mathematik und Informatik in Berlin und Lübeck studiert. Nach Aufenthalten am California Institute of Technology (USA) und der Fraunhofer Einrichtung für Marine Biotechnologie (EMB) nahm er 2009 einen Ruf als Juniorprofessor für Machine Learning in Medicine and Life Science an die Graduiertenschule der Universität zu Lübeck an. Unterdessen ist er als Privatdozent am Institut für Neuro- und Bioinformatik tätig. Neben seinen wissenschaftlichen Lehrtätigkeiten umfasst sein Lehrportfolio seit mehr als zehn Jahren auch eigene Kursangebote zur Wissenschaftskommunikation für Studierende, Doktoranden und Dozenten, die er schon lange nicht mehr nur an der Universität zu Lübeck anbietet. Sowohl seine Fachbeiträge wie auch seine Lehrveranstaltungen wurden bereits mehrfach ausgezeichnet.

Der Lehrpreis der Universität wird seit 2016 verliehen. Er wird jährlich unter einem Jahresmotto ausgelobt, in diesem Jahr lautet es „Digitale Lehre“. Der Lehrpreis ist überfachlich und interdisziplinär ausgerichtet und mit einem Preisgeld von 3.000 Euro ausgezeichnet.

Dr. phil. Sarah Jessen wurde für ihre Arbeit „Multisensorische neuronale Verarbeitung in sozialer Interaktion“ mit dem Renate-Maaß-Forschungspreis ausgezeichnet. Die Laudatio hielt Prof. Dr. med. Thomas Münte, Direktor der Klinik für Neurologie.

Dr. Jessen ist promovierte Kognitions- und Neurowissenschaftlerin. Sie erforscht, wie unser Gehirn von Beginn unseres Lebens an erstaunlich erfolgreich unser soziales Zusammenleben managt. Was können zum Beispiel Säuglinge über andere Menschen verstehen, obwohl sie noch gar nicht sprechen können? Welche Rolle spielen dabei unterschiedliche Informationsquellen wie Körpersprache, Stimme, Gesichtsausdrücke, aber auch Geruch? Und wie werden diese Informationen im Gehirn zusammengebracht?

Diesen Fragen geht Dr. Jessen vor allen Dingen mit Hilfe der Elektroenzephalographie (EEG) nach, einer Methode, bei der mit kleinen, in einer Art Haube eingebauten Sensoren winzige Schwankungen in der elektrischen Hirnaktivität an der Kopfoberfläche gemessen werden können. Diese Methode ist für die Säuglingsforschung besonders gut geeignet, da das Kind von der Messung nichts spürt und sich ganz normal verhalten kann. Den Kindern werden zum Beispiel am Bildschirm unterschiedliche Gesichter gezeigt. Über die aufgezeichnete Aktivität lassen sich Rückschlüsse darüber ziehen, welche Hirnbereiche auf welche Gesichter besonders stark reagiert haben und wie schnell eine Reaktion im Gehirn erfolgte.

So konnte Dr. Jessen zusammen mit ihren Kollegen zeigen, dass das Gehirn von sieben Monate alten Säuglingen zwischen ängstlichen und fröhlichen Gesichtern oder auch nur Augenpaaren unterscheiden kann, selbst wenn diese nur für 50 Millisekunden, also den Bruchteil einer Sekunde, gezeigt wurden. Eine besonders schnelle Reaktion auf potentielle Warnsignale, wie z.B. ängstliche Gesichter, entwickelt sich also schon sehr früh im Leben. Gleichzeitig scheint sie aber nicht angeboren zu sein, da bei einer Messung mit fünf Monate alten Kindern keine verstärkte Reaktion beobachten konnte.

In ihrem momentanen Forschungsprojekt geht Dr. Jessen der Frage nach, welche Rolle der mütterliche Geruch für die soziale Wahrnehmung und Entwicklung im ersten Lebensjahr spielt. Ein nächster Schritt ist die Anwendung dieser Erkenntnisse auf Situationen, in denen die soziale Interaktion im Säuglingsalter von besonderen Herausforderungen geprägt ist. Was läuft bei Säuglingen, die ein erhöhtes Risiko haben eine Entwicklungsstörung aus dem Autismusspektrum zu entwickeln, zum Beispiel anders? Welchen Einfluss kann es auf die soziale Hirnentwicklung von Säuglingen haben, wenn ein Elternteil unter einer psychischen Erkrankung leidet?

Der mit 5.000 Euro dotierte Renate-Maaß-Forschungspreis wird seit 2010 jährlich von der Renate-Maaß-Stiftung (Sitz: Volksbank Lübeck) für herausragende medizinische Ergebnisse auf dem Gebiet der Hirnforschung an der Universität zu Lübeck vergeben.

Otto-Roth-Preisträgerin Dr. Louisa Bolm mit Präsidentin Prof. Dr. Gabriele Gillessen-Kaesbach, Björn Engholm (rechts) und Prof. Dr. Tobias Keck

Die Preisverleihungsfeier fand im Audienzsaal des Lübecker Rathauses statt