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Montag, 06.01.2020

Forschung

Epigenetische Forschung zu Übergewicht

Lifestyle und Insulinresistenz: Dr. Henriette Kirchner erhält für ihre Arbeitsgruppe im CBBM weitere 1,3 Millionen Euro

Dr. rer. nat. Henriette Kirchner, Medizinische Klinik I der Universität zu Lübeck und des Universitätsklinikums Schleswig-Holstein, Campus Lübeck, wird mit ihrer Forschung zur Entstehung von Übergewicht und Diabetes Typ 2 weitergefördert. Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) bewilligte ihr nach Überprüfung der bereits erbrachten Forschungserfolge 1,3 Millionen Euro für drei weitere Jahre.

800.000 Euro waren bereits im Oktober 2019 bewilligt worden, zusätzliche 500.000 sind jetzt für die aufwendige Gensequenzierung nach dem Verfahren des Next Generation Sequenzing zugesprochen worden. Dieses neue Zusatzprojekt gilt dem Zeitverlauf der epigenetischen Dysregulation in der Leber während der Entstehung von Type 2 Diabetes („Time-resolved cartography of the hepatic methylome and transcriptome during type 2 diabetes pathogenesis“).

Im Rahmen des Emmy-Noether-Programms der DFG zur Förderung herausragender Nachwuchswissenschaft war die Arbeit von Dr. Kirchner und ihrer Forschungsgruppe ab 2016 bereits mit einer Million Euro unterstützt worden. Sie freut sich über die positive Begutachtung der bisherigen Arbeit. Zur Weiterförderung nun voraussichtlich bis Mai 2022 und damit sogar über die ursprünglich bewilligte Projektdauer hinaus sagt sie: „Für eine Einzelförderung durch die DFG handelt es sich um eine außerordentlich erfreuliche Summe.“

Wichtiger Einfluss epigenetischer Mechanismen

Extremes Übergewicht (Adipositas) und Typ-2-Diabetes-Mellitus sind weltweit zu Volkskrankheiten geworden, doch trotz intensiver Forschung sind die genauen Mechanismen, die zur Entstehung von Adipositas und Typ-2-Diabetes beitragen, noch nicht vollständig bekannt. Teilweise sind unsere Gene dafür verantwortlich, und so kann das Körpergewicht und das Risiko, an Diabetes zu erkranken, anteilig vererbt werden. Umweltfaktoren wie zum Beispiel Ernährung, Stress und sportliche Aktivität haben aber auch einen wichtigen Einfluss auf die Krankheitsentstehung. Epigenetische Mechanismen stellen das Bindeglied zwischen Genen und Umwelt dar, weil sie je nach Art der aktuellen Umwelteinflüsse die Genaktivität beeinflussen können.

Aus diesem Grund wird in Dr. Kirchners Projekt "Epigenetische Regulation der hepatischen Genexpression in der Pathogenese von Insulinresistenz" am Zentrum für Gehirn, Hormone und Verhalten der Universität Lübeck (Center of Brain, Behavior and Metabolism, CBBM) untersucht, inwieweit die epigenetische DNA-Methylierung an der Entstehung von Adipositas und Typ-2-Diabetes beteiligt ist. Überprüft wird die Hypothese, dass Lifestyle-Faktoren die DNA-Methylierung in der Leber verändern und dadurch die Aktivität der Lebergene negativ beeinflusst wird. Dieses könnte dann, so die Annahme, zu der Entstehung von Adipositas, Insulinresistenz und letztlich Typ-2-Diabetes führen.

Um diese Hypothese zu testen, untersucht Dr. Kirchners Gruppe Leberproben von Patienten und führt zusätzlich mechanistische Studien in Labormäusen und Zellkultur durch. Ihre Charakterisierung dieser neuen epigenetischen Regulationsmechanismen könnte zu einem besseren Verständnis der Adipositas- und Diabetesentwicklung beitragen und zu zukunftsträchtige Strategien für neue Therapien gegen Adipositas und Typ-2-Diabetes führen.

Dr. Henriette Kirchner studierte Ernährungswissenschaften an der Uni Jena und fertigte ihre Doktorarbeit im Labor von Prof. Matthias Tschöp an der University of Cincinnati in Zusammenarbeit mit dem Deutschen Institut für Ernährungsforschung (Potsdam Rehbrücke) an. Anschließend absolvierte sie eine Postdoc-Tätigkeit am Karolinska Institut im Labor von Prof. Juleen Zierath und erlernte dort die epigeneti-schen Analysen.

Das Emmy-Noether-Programm ist ein durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) 1997 eingeführtes Programm zur Förderung herausragender Nachwuchs-wissenschaftler. Es ist nach der deutschen Mathematikerin Emmy Noether benannt. Im Rahmen dieses Programms sollen die Teilnehmer durch die Leitung einer Nachwuchsgruppe für die Hochschullehrertätigkeit qualifiziert werden.

Die Forschungsgruppe von Dr. Henriette Kirchner: Christin Krause (naturwissenschaftliche Doktorandin), Martina Grohs (technische Assistentin) und Helen Sievert (medizinische Doktorandin, hintere Reihe) sowie Cathleen Geißler (naturwissenschaftliche Doktorandin) und Gruppenleiterin Dr. Henriette Kirchner (vorn, jeweils v.l.n.r.)

Ein erhöhter Insulin- und Glukosespiegel im Blut, wie bei Typ 2 Diabetes festzustellen, bewirkt eine Aktivierung von microRNAs und Veränderung der DNA-Methylierung in der Leber. Dadurch werden die Proteinbiosynthese gestört und der Insulinsignalweg verringert. Letztendlich führt das zur Verfettung der Leber, was wiederum den Insulinsignalweg und die Blutzuckerkontrolle weiter hemmt. (Abb.: Kirchner)