Website
Aktuelles
Montag, 18.07.2022

Forschung

Entwicklung von innovativer Technik für die informelle Pflege

Die beteiligten Forschenden (v. l.): Prof. Dr. Christophe Kunze (Institut Mensch, Technik und Teilhabe, Hochschule Furtwangen), Michael Schaller (Bayerisches Forschungszentrum Pflege Digital, Hochschule Kempten), Torben Volkmann (Institut für Multimediale und Interaktive Systeme, Universität zu Lübeck), Prof. Dr. Nicole Jochems (Institut für Multimediale und Interaktive Systeme, Universität zu Lübeck), Dr. Florian Fischer (Bayerisches Forschungszentrum Pflege Digital, Hochschule Kempten) Foto: Bastian Schmeier

Das BMBF fördert ein interdisziplinäres Begleitprojekt an der Universität zu Lübeck mit 740.000 Euro

Rund 80 Prozent der derzeit 4,1 Millionen Menschen mit Pflegebedarf in Deutschland werden in ihrem häuslichen Umfeld versorgt. Die Hauptlast dieser Versorgung tragen An- und Zugehörige sowie andere informelle Pflegepersonen. Informelle Pflege bezeichnet den Personenkreis der pflegenden Zugehörigen im häuslichen Umfeld - in Abgrenzung zur professionellen Pflege.

Gemeinsam mit professionellen Pflegediensten und weiteren Unterstützungsangeboten bilden sie sogenannte Sorgegemeinschaften. Zur Entlastung dieser Gruppen wird zunehmend darüber diskutiert, wie digitale Mittel eine Unterstützung bei der Pflege bieten können.

Jedoch entfalten soziotechnische Innovationen nur dann einen tatsächlichen Mehrwert, wenn sie sowohl den vielfältigen Bedürfnislagen der Zielgruppe der informell Pflegenden und Sorgegemeinschaften als auch deren spezifischen Rahmenbedingungen gerecht werden – eine Herausforderung, welche insbesondere die frühzeitige Einbindung von informell Pflegenden und Sorgegemeinschaften in die Entwicklung von technologischen Ansätzen erfordert.

Das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderte, multizentrische Projekt „Partizipation und Co-Creation für innovative Technologien für informell Pflegende und Sorgegemeinschaften“, kurz PiTiPS, widmet sich dieser Notwendigkeit. Unter Leitung des Instituts für Multimediale und Interaktive Systeme (IMIS) der Universität zu Lübeck verknüpft das PiTiPS-Projekt Expertise aus Forschung und Praxis (Sozial-, Pflege und Verhaltenswissenschaften, Partizipations- und Technikforschung) mit der Perspektive von Vertreter*innen informell Pflegender, um die Diversität informeller Pflege systematisch in Forschungs- und Gestaltungsprozesse zu integrieren.

Durch diese transdisziplinäre Vorgehensweise sollen die Voraussetzungen für eine gelingende Integration informell Pflegender in den verschiedensten Pflegekontexten, wie zum Beispiel bei der Pflege chronisch kranker Kinder, der Pflege im ländlichen Raum oder der Pflege durch junge Erwachsene, herausgearbeitet und andere Forschungs- und Entwicklungsprojekte direkt bei dieser Integration unterstützt werden.

„Den aktuellen gesellschaftlichen Herausforderungen mit digitalen Lösungen zu begegnen gelingt nur in enger Zusammenarbeit mit den späteren Nutzern. Die zielführende Partizipation von informell Pflegenden an der Entwicklung passgenauer technischer Systeme ist Schwerpunkt dieses spannenden Forschungsprojektes“, sagt Prof. Dr. Nicole Jochems vom Institut für Multimediale und Interaktive Systeme.

Handlungsempfehlungen ableiten

Das PiTiPS-Projekt begleitet im Rahmen der vierjährigen Projektlaufzeit, von Mai 2022 bis Februar 2026, verschiedene Verbundprojekte aus dem Forschungskontext informeller Pflege, um so Ansätze und Methoden zur Partizipation von informell Pflegenden und Sorgegemeinschaften an Technikinnovation systematisiert und förderpolitisch zu stärken. Hierfür verfolgt das Projektteam eine duale Strategie: (1) Bereitstellung von technischen Infrastrukturen und wissenschaftlichem Wissen und (2) Analyse von Partizipationsansätzen, um theoretische Modelle und Methoden weiterzuentwickeln und Handlungsempfehlungen abzuleiten.

In zwei sogenannten „PartizipationsLabs“, also Laboren zur Durchführung von Partizipationsmethoden, werden partizipative Formate und Co-Design, digital und analog, erprobt und durchgeführt. Im Fokus steht dabei die aktive Zusammenarbeit zwischen der Zielgruppe, also informell Pflegenden und Sorgegemeinschaften sowie Expert*innen aus der Forschung, um Methoden und Ansätze in verschiedenen Werkstätten auszuprobieren und weiterzuentwickeln. Zudem   dient ein digitaler „PartizipationsHub“ als Plattform, um gemeinsame Lernprozesse zu initiieren und abzubilden. Ergänzt wird der Beratungs- und Unterstützungsprozess durch gemeinsame Forschungswerkstätten mit den Verbundprojekten aus dem gesamten deutschen Bundesgebiet.

Das Projekt PiTiPS wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung im Rahmen der Förderrichtlinie Technologiegestützte Innovationen für Sorgegemeinschaften zur Verbesserung von Lebensqualität und Gesundheit informell Pflegender mit insgesamt 1,70 Millionen Euro unterstützt. An die Universität zu Lübeck geht dabei ein Förderbetrag von 740.000 Euro. Projektpartner an der Universität zu Lübeck sind das Institut für Multimediale und Interaktive Systeme - Prof. Nicole Jochems hat die Konsortialleitung - und Prof. Katrin Balzer vom Institut für Sozialmedizin und Epidemiologie. Das Projekt wird gemeinsam mit der Hochschule Furtwangen, der Hochschule für angewandte Wissenschaften Kempten, der Hochschule Zittau/Görlitz und „wir pflegen – Interessenvertretung und Selbsthilfe pflegender Angehöriger e.V.“ bearbeitet.

Kontakt:

Prof. Dr. Nicole Jochems

Universität zu Lübeck

Institut für Multimediale und Interaktive Systeme (IMIS)

Ratzeburger Allee 160

23562 Lübeck

Tel +49 451 3101 5110

Fax +49 451 3101 5104

E-Mail jochems@imis.uni-luebeck.de

www.imis.uni-luebeck.de