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Donnerstag, 27.05.2010

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Das Ende der Universität zu Lübeck wäre ein verheerender politischer Fehler

Wirtschaftliche Bedeutung der Medizintechnik für Schleswig-Holstein außer acht gelassen

Der Kabinettsbeschluss, das Medizinstudium in Lübeck zu schließen, ist ein schwerwiegender politischer Fehler. Er schädigt die Region und das Land in unabsehbarer Weise und darf nicht umgesetzt werden. Für die Universität zu Lübeck würde er das Ende bedeuten, für den Hochschulstandort Lübeck die Marginalisierung.

 

Der Beschluss ist falsch, weil er (1.) die aktuelle wirtschaftliche Bedeutung der Medizintechnik für Schleswig-Holstein außer acht lässt und zukünftige Entwicklungsmöglichkeiten abwürgt, (2.) eine bundesweit in Forschung und Lehre hervorragend aufgestellte Universität opfert und (3.) ein vernichtendes Zeugnis für die Glaubwürdigkeit der Regierungskoalition ausstellt.

Die Entwicklung der Universität zu Lübeck und des Hochschulstandorts Lübeck ist eine Erfolgsgeschichte für das Land Schleswig-Holstein. Führende Politiker hatten daran entscheidenden Anteil.

Einige der Meilensteine der vergangenen Jahre sind (chronologische Auswahl):

1. Doppelerfolg in der Exzellenzinitiative - Im Oktober 2007 werden aus Mitteln des Bundes und der Länder fünf Millionen Euro für die Graduiertenschule "Informatik in Medizin und Lebenswissenschaften" an der Universität Lübeck und 35 Millionen Euro für das Exzellenzcluster zur Entzündungsforschung ("Inflammation at Interfaces") an den Universitäten Lübeck und Kiel und am Forschungszentrum Borstel bewilligt. Der damalige schleswig-holsteinische Wissenschaftsminister Dietrich Austermann und sein Staatssekretär Jost de Jager haben sich für diesen Erfolg stark gemacht.

2. Fraunhofer-Einrichtung für Marine Biotechnologie (EMB) - Die von der Universität zu Lübeck initiierte Gründung einer gemeinsamen Forschergruppe zur Stammzellforschung wird im November 2007 mit knapp 50 Millionen Euro bewilligt. Minister Austermann: "Ein Meilenstein für den Wissenschaftsstandort Lübeck."

3. Bestandsschutz für das Universitätsklinikum in öffentlicher Hand - Der nach dem Tarifkonflikt im April 2008 abgeschlossene, vom damaligen Staatssekretär Jost de Jager unterzeichnete Tarifvertrag für die Beschäftigten des UKSH legt fest, dass bis 2015 über eine Privatisierung des Klinikums nicht entschieden werden darf. Im Herbst 2009 bestätigen CDU und FDP in ihrem Koalitionsvertrag ausdrücklich die Verbindlichkeit dieser Festlegung und sprechen sich für den Masterplan Bau aus.

4. Neubau eines Forschungsgebäudes für Medizintechnik und Informatik - Das mit er Fachhochschule genutzte Gebäude wird derzeit mit einem Bauvolumen von acht Millionen Euro erweitert.

5. UniVision 2020 - Auf ihrem zweiten Parlamentarischen Abend in Kiel stellt die Universität im November 2009 ihre detaillierte Ziel- und Entwicklungsplanung für das nächste Jahrzehnt vor. Sie umfasst auch die Gründung eines Wissenschaftscampus Lübeck zusammen mit der Fachhochschule sowie Forschungs- und Industriepartnern. Wissenschaftsminister Jost de Jager bezeichnet die Planungen als hervorragendes Konzept.

6. TANDEM - Die Universität zu Lübeck und die Fachhochschule Lübeck gründen im November 2009 ein gemeinsames Kompetenzzentrum für Medizintechnik (Center for Technology and Engineering in Medicine, TANDEM) und für den Transfer in die Wirtschaft. Ministerpräsident Carstensen überbringt persönlich den Förderbescheid über 3,4 Millionen Euro.

7. Fraunhofer-Projektgruppe  für medizinische Bildregistrierung - Aus der mathematischen Forschergruppe SAFIR (Solutions and Algorithms for Image Registration) geht die zweite Fraunhofer-Gruppe an der Universität Lübeck hervor. Sie wird zusammen mit dem Fraunhofer-Institut für Bildgestützte Medizin MEVIS in Bremen betrieben und im April 2010 vom Finanzausschuss des schleswig-holsteinischen Landtages bewilligt.

8. Leibnizpreis 2010 für Prof. Dr. Jan Born - Der Hormon- und Gehirnforscher, Direktor des Instituts für Neuroendokrinologie der Universität zu Lübeck, wird für seine richtungsweisenden Arbeiten auf dem Gebiet der Schlaf- und Gedächtnisforschung von der Deutschen Forschungsgemeinschaft mit dem renommiertesten deutschen Forschungspreis und einer der auch weltweit angesehensten wissenschaftlichen Auszeichnungen geehrt. Wissenschaftsminister de Jager würdigt die Auszeichnung als Beleg der erfolgreichen Schwerpunktsetzung der Lübecker Universität.

9. Bewerbung um ein weiteres Exzellenzcluster für die Medizin - Aus dem bestehenden Lübecker Zentrum "Gehirn, Hormone und Verhalten" (Sonderforschungsbereiche, Klinische Forschergruppen und landesweiter Forschungsschwerpunkt) soll in der nächsten Runde der Exzellenzinitiative das Forschungscluster "Brain, Behavior and Metabolism" entstehen. Es ergeben sich zukunftsträchtige Synergien zum bestehenden Entzündungs-Cluster. Das Land hat hierzu im April 2010 grünes Licht gegeben.

10. Ein Forschungsbau zur Verbesserung der Infrastruktur ist im Masterplan vorgesehen und soll nach Artikel 91 b Grundgesetz (Zusammenwirken von Bund und Ländern auf Grund von Vereinbarungen in Fällen überregionaler Bedeutung) gefördert werden. Die Gebäude mit 5.300 Quadratmetern sollen die Synergien zwischen den Themenbereichen und Schwerpunkten der Universität fördern. Derzeit geplanter Baubeginn ist 2012. Die Universität hat den Vorantrag gemeinsam mit dem Land erfolgreich gestellt und den Hauptantrag gestellt. Es entstünde der erste Forschungsbau in Schleswig-Holstein nach der Neuregelung der Hochschulbauförderung im Rahmen der Föderalismusreform.

Das Land verkennt offensichtlich die hohe wirtschaftliche Bedeutung der Universität zu Lübeck: Die Universität mit dem UKSH, Campus Lübeck, stellen (1,) mit ca. 5.000 Beschäftigten die meisten Arbeitsplätze in der Region zur Verfügung. Mit den Fraunhofer-Initiativen kämen zusätzlich 300 Arbeitsplätze hinzu. Sie ist (2.) die ausgründungsstärkste Hochschule des Landes und schafft damit weitere Arbeitsplätze und zusätzliches Steueraufkommen. Sie ist (3.) die wichtigste Universität des Landes für den Bereich Medizintechnik, der einen Anteil von ca. 30 Prozent am schleswig-holsteinischen Gewerbesteueraufkommen ausmacht.

Lübeck ist die einzige schleswig-holsteinische Hochschule, auf die die Regierungspartner CDU und FDP in ihrem Koalitionsvertrag "Aufbruch in eine bessere Zukunft" im Oktober 2009 ausdrücklich Bezug nehmen. Sie legen dort das gemeinsame Ziel fest, die künftige Entwicklung der Universität zu Lübeck finanziell und strukturell besser abzusichern (S. 29). Die Regierungsentscheidungen über die von der Universität gewünschte Entwicklung hin zu einer Stiftungsuniversität sollen in Abstimmung mit der Universität erfolgen. "Darüber hinausgehende Strukturentscheidungen in der Hochschulmedizin könnten nach Auswertung des Gutachtens des Wissenschaftsrats, das für Frühjahr 2011 erwartet wird, getroffen werden." (ebd.)

Angesichts dieser Festlegungen ist es vollkommen unverständlich, dass 90 Prozent der Einsparungen im Hochschulbereich Lübeck treffen und so angelegt sind, dass sie das Ende genau einer Hochschule, nämlich der Universität Lübeck, bedeuten (s. Empfehlungen der Haushaltsstrukturkommission, S. 27 f).

Alle aufgezeigten Erfolge und Zukunftschancen für Lübeck, für die Region und für das gesamte Land Schleswig-Holstein würden durch die Umsetzung der Kabinettsentscheidung zunichte gemacht.

Dies träfe Lübeck mitten ins Herz.