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Donnerstag, 26.07.2018

Stiftungsuniversität

Chronobiologie

Großer Erfolg für die Universität zu Lübeck: Prof. Henrik Oster (5. v. r.) bekommt eine dauerhafte Stiftungprofessur für Neurobiologie. Mehrere Stiftungen ermöglichen dies. (Foto: René Kube)

Vier Millionen Euro für die Verstetigung

Der Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft, die VolkswagenStiftung, die Possehl-Stiftung, die Hanseatische Universitätsstiftung, die Gemeinnützige Sparkassenstiftung zu Lübeck, die Jürgen Wessel Stiftung und die Friedrich Bluhme- und Else Jebsen-Stiftung ermöglichen gemeinsam die langfristige Verstetigung der Professur für Neurobiologie mit dem Schwerpunkt Chronobiologie an der Universität zu Lübeck.

Das Fachgebiet erforscht die Wirkungsweise der inneren Uhr in Lebewesen und auf zellulärer Ebene und deren mögliche Nutzanwendungen für die Medizin. Lehrstuhlinhaber an der Universität ist bereits seit 2011 Prof. Dr. rer. nat. Henrik Oster. Seine Berufung war zunächst durch die Errichtung einer Lichtenberg-Professur durch die VolkswagenStiftung möglich geworden. Um das Wissenschaftsgebiet an der Universität nun dauerhaft erhalten zu können (ein sog. „Endowed Chair“), wurde durch die beteiligten Stiftungen das Grundkapital in Höhe von vier Millionen Euro für die erste Lichtenberg-Stiftungsprofessur in Deutschland bereitgestellt. Die Erträge aus dieser Geldanlage dienen der zeitlich unbegrenzten Finanzierung der Professur. Für Wissenschaft, Forschung und Lehre in Lübeck wie auch für die seit 2015 in dieser Rechtsform bestehende Stiftungsuniversität ist die Einwerbung der Stiftungsprofessur ein herausragender Erfolg.

Effekte auf Gesundheit und Wohlbefinden

Eine der wesentlichen Zukunftsaufgaben in Medizin und Gesellschaft besteht darin, chronobiologische Aspekte besser in den Lebens- und Arbeitsrhythmus zu integrieren. Veränderungen des zirkadianen Systems (also der „inneren Uhr“) haben starke Effekte auf Gesundheit und Wohlbefinden. Der Jetlag bei langen Flugreisen ist eine Alltagsbeeinträchtigung, aber auch sehr viel gravierendere Symptome wie Adipositas, Typ-2-Diabetes oder ein erhöhtes Krebsrisiko können die Folge bei anhaltenden Verschiebungen des Tag-Nacht-Rhythmus‘ sein, wie sie z.B. bei Flugpersonal oder Schichtarbeitern vorkommen. Schlaf- und zirkadiane Rhythmus-Störungen betreffen mehr als ein Drittel der westlichen Bevölkerung. Sie begünstigen neuropsychiatrische Erkrankungen wie Depressionen, Schizophrenie und Alzheimer, was auf ein enges Zusammenspiel zwischen zirkadianem System und neurologischen Funktionen hindeutet.

Mit Prof. Dr. Henrik Oster konnte an der Universität zu Lübeck nun ein Institut für Neurobiologie eingerichtet werden. Die von ihm geleiteten oder initiierten Arbeitsgruppen forschen im Rahmen der Sonderforschungsbereiche der Deutschen Forschungsgemeinschaft zu Schlaf und Plastizität (SFB 654) und zu Essverhalten (SFB 134), des Graduiertenkollegs Adipocyte-Brain Crosstalk (GRK 1957) und des Lübeck-Kieler Exzellenz-Clusters zu Entzündung an Grenzflächen. An der Universität ist er am Zentrum für Infektions- und Entzündungsforschung Lübeck (ZIEL), am Zentrum für Gehirn, Hormone und Verhalten (CBBM) sowie an den Studiengängen Humanmedizin, Medizinische Ernährungswissenschaft, Molecular Life Science, Biophysik, Medizinische Informatik, Medizinische Ingenieurwissenschaft und Psychologie beteiligt.

Der Lehrstuhl wird mit der Etablierung und Koordination eines Zentrums für Chronomedizin an der Universität mit den Teilbereichen „Chrononeurobiologie“, „Chronomedizin“ und „Angewandte Chronobiologie“ beauftragt. Dieser interdisziplinäre Verbund wird neben Grundlagen- und klinisch ausgerichteten Forschungsvorhaben insbesondere auch Bevölkerungs- und arbeitsmedizinische Studien, zum Beispiel mit Schichtarbeitern und Schülern, durchführen.

Die Einwerbung des für die Verstetigung erforderlichen Stiftungskapitals zeichnet das hohe zivilgesellschaftliche Engagement der beteiligten Stiftungen aus und ist zugleich eine eindrucksvolle Bestätigung für die Entscheidung, die Universität zu Lübeck - nicht zuletzt mit Unterstützung durch die Landespolitik - zur ersten Stiftungsuniversität in Schleswig-Holstein umzuwandeln. Es ist damit gelungen, ein für das Fundraising neues und innovatives Format zugrunde zu legen. Die geleisteten Stiftungen sind eine beeindruckende Investition in den Wissenschaftsstandort Lübeck.

Zur Person

Prof. Dr. rer. nat. Henrik Oster, 1973 in Trier geboren, studierte Biochemie an der Universität Hannover. 2003 Promotion an der Universität Fribourg, Schweiz, 2003 – 2007 Forschungsaufenthalte am Max-Planck-Institut für experimentelle Endokrinologie Hannover und an der Universität Oxford, UK. 2007 - 2012 Emmy Noether-Nachwuchsgruppenleiter am Max-Planck-Institut für biophysikalische Chemie Göttingen. Seit 2011 Lichtenberg-Professor für Chronophysiologie an der Universität zu Lübeck und seit 2017 Direktor des Instituts für Neurobiologie.

Preise: 2002 Otto-Hahn-Medaille der Max-Planck-Gesellschaft, 2007 Emmy-Noether-Stipendium der Deutschen Forschungsgemeinschaft, 2011 Lichtenberg-Professur der VolkswagenStiftung, 2014 Hanse-Preis für Psychiatrie der Universität Rostock.

Statements

Anlässlich der Bekanntgabe des Stiftungserfolgs sagt die Präsidentin der Universität zu Lübeck, Prof. Dr. Gabriele Gillessen-Kaesbach: „Gute Wissenschaft bedarf des Engagements – Mit der STIFTUNG ENDOWED LICHTENBERG CHAIR FÜR NEUROBIOLOGIE IM STIFTERVERBAND wird ein wichtiger Meilenstein gesetzt. Ein entscheidendes Argument für die Umwandlung der Universität in eine Stiftung öffentlichen Rechts bildete die Er-wartung, in dieser Struktur Zugang zu nicht öffentlichen Geldquellen für eine nachhaltige Entwicklung zu erhalten – dies ist mit unseren Freunden und Förderern in eindrucksvoller Weise gelungen.“

Der Generalsekretär des Stifterverbandes für die Deutsche Wissenschaft, Prof. Dr. Andreas Schlüter, sagt: „Die erste Lichtenberg-Stiftungsprofessur könnte von Lübeck aus zur Blaupause für ganz Deutschland werden. Mit kapitalbasierten, also dauerhaft finanzierten Stiftungsprofessuren wollen wir Freiräume für die Hochschulen schaffen, um eigenständige Forschungsstrategien zu entwickeln. Sie sollen die Möglichkeit bekommen, herausragende Forscher langfristig an sich zu binden. Und wir wollen sie dabei unterstützen, neue Geldquellen zu erschließen und schrittweise eigenes Vermögen aufzubauen. Damit stärken wir die Unabhängigkeit der Hochschulen und eröffnen ihnen neue Handlungsoptionen.“

Der Generalsekretär der VolkswagenStiftung, Dr. Wilhelm Krull, sagt: „Die Universität Lübeck und ihr philanthropisches Umfeld haben sich geradezu als idealer Ort erwiesen, um eine kapitalbasierte Stiftungsprofessur zu errichten. Neben dem Stifterverband und der VolkswagenStiftung haben gleich mehrere Lübecker Stiftungen, allen voran die Possehl-Stiftung, aber auch die Sparkassenstiftung, die Hanseatische Universitätsstiftung, die Jürgen Wessel Stiftung sowie die Friedrich Bluhme und Else Jebsen-Stiftung zum Fundraisingerfolg der Universität beigetragen. Sie können damit auch zugleich ein Vorbild sein für die gelingende Einwerbung künftiger Lichtenberg-Stiftungsprofessuren.“

Für die Possehl-Stiftung sagt der Vorsitzende des Stiftungsvorstandes, Max Schön: „Die Possehl-Stiftung begibt sich mit ihrer Förderung einmalig auf Neuland, denn ihr Geld legt sie ansonsten nie in anderen Fonds an. In diesem besonderen Fall unterstützen wir jedoch gerne eine Gemeinschaftsinitiative mehrerer Stiftungen zur Verstetigung von Forschung und Lehre an der Stiftungsuniversität Lübeck. Gemeinschaftlich wird etwas Neuartiges in Lübeck - aber auch in Deutschland - geschaffen, das jeder einzelne Förderer vermutlich so nicht hätte realisieren können. Die Unabhängigkeit und die Neugier von Wissenschaft sind zwei Werte von unglaublich hohem gesellschaftlichen Nutzen.“

Für die Gemeinnützige Sparkassenstiftung zu Lübeck sagt der Vorstandsvorsitzende Wolfgang Pötschke: „Als 2010 die Medizin an der Universität zu Lübeck gestrichen werden sollte und damit der Fortbestand der gesamten Hochschule gefährdet wurde, sind die Lübecker zusammengerückt. Gemeinsam mit der Bürgerschaft haben sie gekämpft für Ihre Uni – und das mit Erfolg! Dieser beeindruckende Zusammenhalt zeigt die Bedeutung der Universität für unsere Stadt, die nach wie vor exzellente Arbeit im Bereich der Medizin leistet. Der Ausbau von Bildungsangeboten und eine lebendige Bürgergesellschaft sind zentrale Anliegen der Gemeinnützigen Sparkassenstiftung, die durch eine dauerhafte Einrichtung der Lichtenberg-Professur hervorragend verknüpft werden.“

Für die Hanseatische Universitätsstiftung sagen ihr Geschäftsführer, Olaf Keim, und das Stiftungsratsmitglied Björn Engholm: „Ein großartiges Projekt - mit unschätzbaren Erkenntnissen und Nutzen insbesondere für Menschen in der Arbeitswelt! Respekt wiederum den Stiftungen, vor allem den hansestädtischen!“

Der Vorsitzende der Jürgen Wessel Stiftung, Hans-Jochen Arndt, sagt: „Wenn es um die Universität zu Lübeck geht, sind die Lübecker und Stiftungen absolut einer Meinung und stehen an der Seite der Hochschule. Deshalb war es für den Vorstand der Jürgen Wessel Stiftung selbstverständlich, die dauerhafte Professur für Chronobiologie zu unterstützen. Denn die Breite und Tiefe von Forschung und Lehre ist zu sichern und möglichst noch zu vergrößern.“

Der Vorstandsvorsitzende der Friedrich Bluhme und Else Jebsen-Stiftung, Ernst Syring, sagt: „Die Friedrich Bluhme und Else Jebsen-Stiftung fördert seit Jahrzehnten gezielt die wissenschaftliche Arbeit verschiedener Projekte der Universität zu Lübeck. Der Stiftungsvorstand hat deshalb kurzfristig und im Umlaufbeschluss einmütig eine Förderung beschlossen, um die dauerhafte Professur für Chronobiologie an der Universität zu Lübeck für Herrn Prof. Henrik Oster zu ermöglichen. Die Friedrich Bluhme und Else Jebsen-Stiftung ist davon überzeugt, durch die langfristige Bestätigung der Professur an der Universität zu Lübeck nachhaltig die Entwicklung der Universität zu Lübeck zu fördern und den Standort Lübeck in der Universitätslandschaft der Bundesrepublik Deutschland zu etablieren.“

Für die Landesregierung sagt der Staatssekretär im Ministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur Dr. Oliver Grundei: „Ich gratuliere der Stiftungsuniversität zu diesem großartigen Erfolg. Das Vertrauen, das das Land mit ihrer Gründung in das Engagement der Stifterinnen und Stifter gesetzt hat, erweist sich heute als mehr als gerechtfertigt, und die Erwartungen, was Stifterinnen und Stifter zu leisten bereit sind, sind deutlich übertroffen worden. Ich wünsche der Professur für Neurobiologie und Ihrer Forschung viel Erfolg: Wir alle dürfen interessante Ergebnisse mit hohem Anwendungsbezug erwarten.“