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Dienstag, 10.08.2021

Forschung

Beste Dissertation im Informatik-Gebiet „Kommunikation und verteilte Systeme“ kommt aus Lübeck

Dr. Florian Lau wird am 15. September 2021 ausgezeichnet

Die Fachgruppe „Kommunikation und verteilte Systeme“ der Gesellschaft für Informatik vergibt den Preis für die beste Dissertation des Jahres 2020 an Dr. Florian Lau vom Institut für Telematik von der Universität zu Lübeck. Er wird ausgezeichnet für seine Arbeit mit dem Titel „DNA-basierte Nanonetzwerke“.

Die Verleihung findet am 15. September 2021 auf der Online-Tagung "Networked Systems 2021" der Fachgruppe  statt. Dr. Lau beschäftigt sich mit Nanogeräten, also sehr kleinen Geräten, die  in den Blutbahnen des  menschlichen Körpers frei beweglich eingesetzt werden können, ohne dort Schäden anzurichten. Mit ihnen könnten komplexe medizinische Probleme gelöst werden,  wie etwa die punktgenaue Freisetzung von Medikamenten im menschlichen Körper bei einer Chemotherapie.

Mehr als Science Fiction

Nanogeräte fachen schon seit Jahrzehnten die Fantasie der Menschen an. Während die Vorstellung zunächst auf Science-Fiction-Filme (zum Beispiel "Die phantastische Reise", "Reise ins Ich") beschränkt war, beschäftigen sich die Natur- und Ingenieurswissenschaften nun schon seit Jahren sehr ernsthaft mit den Problemen und möglichen Lösungen für eine Realisierung. Viele Ideen scheitern an den Problemen in diesem Umfeld: Die Lösungen sind zu groß, haben nicht genug Rechenleistung, sind nicht biokompatibel oder nicht auf die Umgebung abgestimmt.

An dieser Stelle setzt die Arbeit von Florian Lau an: Er schlägt  eine Architektur zum Bau von Nanogeräten und zur Bildung von Kommunikationsnetzwerken aus diesen Geräten vor, die eine  medizinische Anwendung im menschlichen Körper ermöglichen kann. 

Großes Interesse

„Ich habe nicht damit gerechnet, dass meine Forschungsergebnisse und Ideen auf so großes Interesse stoßen und bin mehr als erfreut, im September den Preis entgegennehmen zu dürfen! In Anbetracht meines Arbeiterkindhintergrundes hätte ich in der Vergangenheit nie damit gerechnet zu promovieren - schon garnicht so gut“, sagt Dr. Florian Lau.

Die zentrale Idee besteht darin, aus einem biokompatiblen Baustoff, wie der menschlichen DNA, viele unterschiedliche Bausteine zusammenzubauen. Die Bausteine können mit winzig kleinen Legosteinen verglichen werden.  Diese werden dann in in einer Flüssigkeit zusammengemischt und setzen sich anhand eines impliziten Bauplans, der sich durch die Art der Bausteine ergibt, automatisch zu größeren Strukturen zusammen. Solche Strukturen könnten beispielsweise kleine Kästchen sein, die winzige Mengen von Medikamenten enthalten und die zur richtigen Zeit geöffnet werden, um ihre Ladung zu entlassen, oder auch Geräte, die bei Vorliegen einer bestimmten Situation eine bestimmte Markernachricht freigeben.

Wenn nach einer Weile der Selbstkonstruktionsprozess beendet ist, zieht man die Flüssigkeit in eine Spritze auf und injiziert sie in den Körper. Dort bilden die aufgebauten Strukturen dann ein Netzwerk, das gemeinsam die vorher geplante Aufgabe löst. Dabei könnte es sich beispielsweise um die Erkennung erhöhter Konzentrationen bestimmter Krankheitsmarker handeln, aber auch um die gezielte Freisetzung von Medikamenten genau an der richtigen Stelle, zum Beispiel zur Chemotherapie von Tumoren. Herr Dr. Lau schlägt in seiner Arbeit Lösungen für eine Reihe mathematischer Berechnungsprobleme und deren Nutzung für medizinische Anwendungen vor, wie beispielsweise die Addition von Werten oder die Erkennung des Überschreitens eines Schwellwerts. Das war bisher im menschlichen Körpern nicht denkbar.

Weitere Untersuchungen

Kern der Lösung sind Algorithmen, die für jedes zu lösende mathematische Problem genau die richtigen Arten und Mengen der Bausteine berechnen, sowie die Idee, sowohl die Nanogeräte wie auch die Kommunikation zwischen ihnen und die Berechnung von mathematischen Funktionen alle mit demselben Baustein, der DNA, zu "bauen" - ein Konzept, das also ein komplexes System einzig und allein basierend auf einem Grundbaustein erreichtet. 

“Wir sind trotz dieser wegweisenden Dissertation technisch und auch ethisch noch weit von solchen Anwendungen im menschlichen Körper entfernt“, sagt Prof. Stefan Fischer, Direktor des Instituts für Telematik. DNA-Bausteine können schon gebaut werden  und auch die Selbstkonstruktion komplexerer Strukturen sei schon experimentell durchgeführt worden. Ob solche Strukturen dann aber nicht nur in der Simulation, sondern auch in der echten Anwendung funktionieren, sei Gegenstand weiterer Untersuchungen. Die Dissertation zeigt jedoch, wie man auch mit biokompatiblen Mitteln komplexe technische Lösungen erzeugen kann, die die natürlichen Fähigkeiten von biologischen Strukturen ausnutzen, um komplexe medizinische Probleme zu lösen.

Zum Thema:

In einem Video erklärt Dr. Florian Lau seine Forschung.

 

 

Dr. Florian Lau wird für seine Dissertation im September 2021 ausgezeichnet (Foto: privat)