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Studium generale

Wintersemester 2017

Kollaps des Öffentlichen?


Social-Media-Kanäle und neue Kommunikationstechnologien lassen die vertrauten gesellschaftlichen und politischen Ordnungskategorien verschwimmen: Das Private wird öffentlich, das Öffentliche wird privat. Die Tatsache wird zur Meinung, die Meinung zum alternativen Fakt. Handlungs- und Normbereiche unterliegen einem Wandel, Verhaltensweisen ändern sich, Politik tritt in neuem Gewand auf. Talkshows, Twitter, Selfie-Stick befeuern die Medialisierung des Privaten in einem Kampf um Sichtbarkeit. Eine wirtschaftliche und staatliche Big Data-Sammelwut durchdringt unsere Lebensbereiche, die zu schützen vielleicht viele Menschen gar nicht mehr beanspruchen.

Das Öffentliche, traditionell Schauplatz von demokratischer Politik und gesellschaftlicher Ordnung, wird zur Arena von unterschiedlichen Spielarten des Populismus, von Selbstinszenierung und Wut. Erregungswellen, pöbelnde Twitter-Nachrichten und Fake News verdunkeln das Licht der Öffentlichkeit und ersetzen die politische Auseinandersetzung.

Demokratie braucht die Öffentlichkeit und die Partizipation der Bürger*innen. Eine Politik - so bereits Sokrates - ist ihrer nur würdig, wenn sie wahrhaft öffentlich ist. Die Vorträge des diesjährigen Studium generale möchten der Frage nach dem Verbleib der politischen Öffentlichkeit nachgehen.

- Das Private wird politisch, das Private wird öffentlich: Soziale Medien und Big Data. Aus medialer Selbstinszenierung, freiwilliger Dateneingabe und ökonomisch gesteuerter Sammelwut entstehen neue Sphären. – Aber was entsteht da eigentlich? Facebook, Instagram, Twitter, gläserne Patienten, staatliche, medizinische bzw. wirtschaftlichen Begehrlichkeiten verwandeln das Ordnungsdispositiv privat / öffentlich. Neue Sichtbarkeiten erzeugen neue Unsichtbarkeiten. Was ist wann sichtbar für wen, was entzieht sich der Sichtbarkeit?

- Demokratie und Öffentlichkeit. Was braucht Demokratie? Die Partizipation der Bürger und Öffentlichkeit. Retten Volksentscheide und Bürgerbefragungen die Demokratie? Wie demokratisch wird in der Öffentlichkeit verhandelt?

- Spielarten des Populismus? Über Fake News, Alternative Fakten, Lügen - kleine und große, versteckte und offensichtliche. Das Phänomen der „Angstbürger“ und „Wutbürger“, ihrer Erzeugung und Instrumentalisierung.

- Wer oder was ist eigentlich „Gegenöffentlichkeit“? Vom linken Ideal zum rechten Pöbel.


Vorlesungen jeweils 19 Uhr im Audimax AM4 auf dem Campus der Universität, außer 25. Jan. 2018 im Hörsaal des IMGWF.

Leitung: Prof. Dr. Christina Schües, Prof. Dr. Christoph Rehmann-Sutter. Mit Unterstützung der Hanseatischen Universitätsstiftung.


Die Termine:

Donnerstag, 2. November 2017
Roberto Nigro (Lüneburg):
Die Erfindung des Gemeinsamen: zur Kritik des Privaten und des Öffentlichen

Donnerstag, 14. Dezember 2017
ÄNDERUNG: Der Vortrag von Ruth Wodak (Wien/Lancaster):
Die ‚Eliten‘, das ‚Establishment‘ und das ‚Volk‘: Identitätspolitik und Öffentlichkeit muss leider aus gesundheitlichen Gründen entfallen.
Freuen Sie sich stattdessen auf den Vortrag von Ruth Heß (Hannover):
Neu umkämpfte Öffentlichkeiten in der Geschlechterpolitik. Von ,Gender-Wahn', ‚Frühsexualisierung' und ‚Homo-Lobby'


Donnerstag, 25. Januar 2018
Emmanuel Alloa (St. Gallen):
Wachablösung. Wenn Transparenz Öffentlichkeit ersetzt

Donnerstag, 1. Februar 2018
Simone Dietz (Düsseldorf):
Wie echt ist Öffentlichkeit?