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Freitag, 10.10.2025

Forschung

Neuer Ansatz zur personalisierten Impfung gegen Krebs

Ein vielversprechender Ansatz für personalisierte Krebsimpfungen: Forschende der Universität zu Lübeck und des UKSH zeigen, dass bestimmte Impfstoff-Adjuvantien das Immunsystem gezielt anregen, hochwirksame, nicht-fukosylierte Antikörper zu bilden, die Tumorzellen effektiver bekämpfen (Bild: Luismmolina, Getty Images)

Untersuchung zu Zusatzstoffen, die besonders wirksame Antikörperantworten gegen Tumorzellen erzeugen können

Peptid- und mRNA-Impfstoffe gegen Krebs stehen aktuell im Fokus der Immunforschung. Sie sollen das Immunsystem gezielt dazu anregen, Krebszellen zu erkennen und zu zerstören, ohne gesundes Gewebe zu schädigen. Besonders vielversprechend sind personalisierte Impfstoffe, die auf die individuellen Mutationen eines Tumors abgestimmt sind. Ein Forschungsteam um Prof. Dr. Marc Ehlers vom Institut für Ernährungsmedizin der Universität zu Lübeck und des Universitätsklinikums Schleswig-Holstein, Campus Lübeck, hat nun untersucht, welche Impfstoff-Adjuvantien (Zusatzstoffe) das Potential besitzen, besonders wirksame Antikörperantworten gegen Tumorzellen zu erzeugen. Die Ergebnisse sind jetzt im Journal of Experimental Hematology & Oncology erschienen. 

Antikörper spielen eine Schlüsselrolle im Kampf gegen Krebs: Sie markieren Tumorzellen für die Zerstörung durch die körpereigene Abwehr. Besonders wirksam sind Antikörper vom Typ Immunglobulin G (IgG), wenn ihnen ein bestimmter Zuckerbaustein, die Fukose, fehlt. Solche nicht-fukosylierten Antikörper können Abwehrzellen wie natürliche Killerzellen besonders stark aktivieren und Tumorzellen dadurch effizienter zerstören. Deshalb wird derzeit weltweit in verschiedenen klinischen Studien geprüft, ob herkömmliche (fukosylierte) therapeutische IgG-Antikörper gegen Krebs durch diese stärkeren, nicht-fukosylierten Varianten ersetzt werden können. 

Personalisierte Impfstrategien gelten als vielversprechender Ansatz gegen Krebs. Mithilfe moderner Genanalysen können Forschende heute die individuellen Tumormutationen identifizieren und daraus Peptid- oder mRNA-Impfstoffe entwickeln, die den Krebs für das Immunsystem angreifbar machen. Damit Impfstoffe optimal wirken, sind sogenannte Adjuvantien notwendig. Das sind Zusatzstoffe, die die Immunabwehr gezielt anregen. Welche Adjuvantien die Bildung hochwirksamer nicht-fukosylierter IgG-Antikörper unterstützen, war bislang unklar.

Mechanismen besser verstehen und die optimale Impfstoffzusammensetzung  erforschen

Genau das hat die Doktorandin Selina Lehrian aus dem Institut für Ernährungsmedizin am Campus Lübeck zusammen mit einem Forschungsteam unter der Leitung von Prof. Dr. Marc Ehlers untersucht. In einem Tumormodell konnten die Forschenden zeigen, dass nur bestimmte Impf-Adjuvantien Gedächtnis-B-Zellen bildeten, die bei wiederholtem Kontakt mit dem Tumorantigen (einer Zielstruktur auf der Oberfläche der Krebszellen) erneut nicht-fukosylierte IgG-Antikörper produzierten.

Prof. Ehlers betont: „Das sind erste, aber sehr wichtige Schritte. Das Ziel muss sein, Impfstoffe gegen Krebs zu entwickeln, die im Menschen hochwirksame nicht-fukosylierte Antikörper anhaltend erzeugen.“ In Zukunft will das Team die zugrunde liegenden Mechanismen besser verstehen und die optimale Impfstoffzusammensetzung zur anhaltenden Produktion von nicht-fukosylierten IgG Antikörpern erforschen.

Die Studie entstand in enger Zusammenarbeit mit dem TWINCORE – Institut für Experimentelle und Klinische Infektionsforschung (Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung und MHH, Hannover) sowie dem Leiden University Medical Center (Niederlande).

Prof. Dr. Marc Ehlers, Immunologe am Institut für Ernährungsmedizin, leitete die Studie zu neuen Ansätzen für personalisierte Krebsimpfungen. Doktorandin Selina Lehrian untersuchte, welche Impfstoff-Hilfsstoffe besonders wirksame Antikörper gegen Tumorzellen fördern (Fotos: privat)

Der Graphical Abstract der neuen Veröffentlichung beschreibt die Experimente und Ergebnisse der publizierten Forschungsarbeiten. Impfungen mit einem Tumor-Molekül (Antigen) zusammen mit verschiedenen Adjuvantien (Hilfs-/Zusatz-Stoffen) haben ein Tumorwachstum unterschiedlich gut inhibiert. Dabei wurden die durch die Impfung ausgelösten anti-Tumorantigen IgG-Antikörperantworten genauer untersucht und mit der Inhibierung des Tumorwachstums korreliert. Über alle Adjuvantien korrelierte die Inhibierung des Tumorwachstums am besten mit der Bildung von kampfstarken IgG Subklassen und nicht-fukosylierten IgG-Antikörpern. IgG-Antikörper ohne Fukose vermitteln über den hinteren Teil des Antikörpers, den Fc Teil, eine stärkere Aktivierung z.B. von NK-Zellen als fukosylierte IgG-Antikörper. Alle Adjuantien führten zur Bildung von temporären nicht-fukosylierten IgG-Antikörpern. Jedoch führten nur Impfungen mit den Adjuvantien Poy(I:C) (Toll-like-Rezeptor Ligand) und eCFA (complete Freund`sch Adjuvans, Wasser in Öl Adjuvanz) zu Gedächniszellen, die nach einem erneuten Antigen Kontakt erneut nicht-fukosylierte IgG-Antikörper bildeten. Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass Impfungen mit diesen Adjuvantien bei andauerndem Kontakt mit dem Antigen auf den Tumorzellen zur anhaltenden Bildung von nicht-fukosylierten IgG-Antikörpern führen könnten.