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Montag, 27.04.2020

Forschung

Neue Studie gibt Einblicke in die globale Verbreitung des multiresistenten und humanpathogenen Stenotrophomonas maltophilia Erregers

Ein internationales Konsortium mit Beteiligung der Universität zu Lübeck konnte erstmals die weltweite Populationsstruktur und Verbreitung opportunistischer, multiresistenter Krankheitserreger des Stenotrophomonas maltophilia-Komplexes entschlüsseln. Die jetzt in Nature Communications unter der Leitung des Forschungszentrums Borstel, Leibniz Lungenzentrum, veröffentlichte Studie liefert erstmalig ein systematisches Verständnis der globalen Phylogenie von S. maltophilia-Stämmen und zeigt Möglichkeiten auf wie eine effiziente Überwachung des Erregers auf der Grundlage eines neu entwickelten genomischen Klassifikationssystems erfolgen kann.

Bakterien aus dem S. maltophilia-Komplex kommen in verschiedenen natürlichen und mit dem Menschen assoziierten Ökosystemen vor. Zudem handelt es sich bei diesem Keim um einen opportunistischen Erreger, der im Krankenhaus erworbene, antibiotikaresistente Infektionen verursacht. Besonders gefährlich kann dies für Patienten mit Immunsuppression oder bereits bestehenden entzündlichen Lungenerkrankungen wie z.B. einer Mukoviszidose werden. Obwohl fast jedes Organ betroffen sein kann, sind Infektionen der Atemwege, Bakteriämie oder Katheter-bedingte Infektionen der Blutbahn am häufigsten. Besonders alarmierend ist die inhärente Resistenz der S. maltophilia-Stämme gegen eine große Zahl von Antibiotika, was die Behandlungsmöglichkeiten stark einschränkt. Angesichts der zunehmenden Bedeutung der Erreger und der oftmals schweren klinischen Folgen einer Infektion, sind Erkenntnisse über die Virulenzfaktoren der S. maltophilia Bakterien sowie über die lokale und globale Verbreitung dringend erforderlich.

Die Wissenschaftler*innen eines Bioinformatik-Unternehmens und renommierter Forschungseinrichtungen aus insgesamt acht Ländern etablierten zunächst einen Genotypisierungsansatz, der die standardisierte Analyse der verschiedenen Genome von S. maltophilia-Stämmen ermöglicht. Vom DZIF-Standort Hamburg-Lübeck-Borstel-Riems waren das Forschungszentrum Borstel und die Klinik für Infektiologie und Mikrobiologie am Campus Lübeck beteiligt.

Ein wichtiges Ergebnis dieser Analyse war, dass der S. maltophilia-Komplex in insgesamt 23 Linien mit unterschiedlichem Vorkommen unterteilt ist. Stämme einer bestimmten Abstammungslinie traten weltweit auf und hatten die höchste Rate an human-assoziierten Stämmen. Zudem war diese  "Sm6" genannte Linie durch das Vorkommen wichtiger Virulenz- und Resistenzgene gekennzeichnet. "Dies deutet darauf hin, dass eine spezielle Gen-Ausstattung die Verbreitung verschiedener S. maltophilia-Subtypen im Krankenhausumfeld, d.h. unter antimikrobieller Behandlung, fördern kann", sagt Matthias Gröschel, Erstautor der Studie.

Die Übertragungsanalyse konnte zudem mehrere potenzielle Ausbruchsereignisse genetisch eng verwandter Stämme identifizieren, die innerhalb von Tagen oder Wochen in denselben Krankenhäusern isoliert wurden. "Zusammen mit Studien zu anderen Krankheitserregern zeigen unser Ergebnisse, wie eine systematische genombasierte Überwachung von S. maltophilia und anderen Erregern im Krankenhausumfeld helfen kann, um Übertragungswege zu definieren und die Infektionskontrolle zu verbessern", fügt Thomas Kohl, Seniorautor der Studie, hinzu.

In Zukunft sollen weitere Forschungsprojekte auf den Weg gebracht werden, um mittels genombasierter Instrumente das Verständnis dieses aufkommenden Krankheitserregers zu vertiefen, insbesondere im Hinblick auf mögliche Übertragungswege des Erregers im Krankenhausumfeld.

Publikation:
Matthias I Gröschel at al. (2020): The phylogenetic landscape and nosocomial spread of the multidrug-resistant opportunist Stenotrophomonas maltophilia. Nature Communications. in press. DOI: 10.1038/s41467-020-15123-0

https://www.nature.com/articles/s41467-020-15123-0