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Mittwoch, 07.06.2023

Forschung

Herzdefekt bei seltener genetischer Erkrankung

Dr. Riccardo Dore (links) und Prof. Jens Mittag (rechts), Erst- und Letzautoren der Studie, werten Herzdaten aus. (Foto: Nuria Lopez-Alcantara)

Studie zu neuem Mechanismus bei Schilddrüsenerkrankungen von Prof. Jens Mittag vom Institut für Endokrinologie und Diabetes in Nature Communications veröffentlicht.

Schilddrüsenhormone sind essenziell für die Regulation von Stoffwechsel und Energieumsatz im Körper. Bekannt ist, dass hohe Spiegel an Schilddrüsenhormonen zu einer erhöhten Herzrate führen. Bei Menschen mit einer Mutation im Schilddrüsenhormonrezeptor ist dies jedoch überraschenderweise nicht der Fall, sie scheinen resistent gegen diese hormonalen Effekte zu sein. Ein Forschungsteam des Instituts für Endokrinologie und Diabetes am „Center of Brain, Behavior and Metabolism“ (CBBM) der Universität zu Lübeck hat nun den zugrundeliegenden Mechanismus entschlüsselt. Die Studie wurde in der renommierten Fachzeitschrift Nature Communications veröffentlicht.

Neue Erkenntnis zu Schilddrüsenhormonresistenz

Schilddrüsenhormone regulieren viele wichtige Körperfunktionen. Zu wenig oder zu viel Schilddrüsenhormone, z.B. bei Schilddrüsenunter- oder -überfunktion, können zu unerwünschten Symptomen führen. Es ist schon lange bekannt, dass hohe Spiegel an Schilddrüsenhormone zu einer erhöhten Herzrate führen. Verantwortlich hierfür ist die Wirkung eines der beiden Schilddrüsenhormonrezeptoren im Herzen. Durch eine unerwartete Entdeckung bei Patientinnen und Patienten, die aufgrund einer Mutation in diesem Rezeptor eine angeborene Schilddrüsenhormonresistenz haben, ist dieser Mechanismus nun in den Fokus der Forschung gerückt. „Von unseren Kollegen aus Cambridge haben wir erfahren, dass Patientinnen und Patienten mit einer Mutation im Schilddrüsenhormonrezeptor alpha, die routinemäßig mit hohen Dosen an Schilddrüsenhormon therapiert werden, keine Erhöhung der Herzrate zeigen“, erklärt Prof. Jens Mittag, Direktor des Instituts für Endokrinologie & Diabetes und Leiter der in „Nature Communications“ publizierten Studie.

Mutation führt zu frühem Herzdefekt

Für die Erforschung der Ursachen dieses Phänomens verwendete das Forschungsteam ein Mausmodell, das eine Mutation des Schilddrüsenhormonrezeptors trägt und daher das menschliche Schilddrüsenhormonresistenz Syndrom abbildet. „Diesen Effekt konnten wir in unserem Mausmodell nachstellen und dann genau untersuchen. Dabei hat sich herausgestellt, dass sich im Herzen aufgrund der Mutation schon in der embryonalen Entwicklung ein regulatorischer Defekt ausbildet, so dass viele wichtige Ionenkanäle für Kalium und Calcium nicht länger durch Schilddrüsenhormone beeinflusst werden“, ergänzt Prof. Mittag.

Mechanismen von Schrittmacherkanälen im Herzen aufgedeckt

Mittels Genanalysen konnte das Forschungsteam zeigen, dass der Einfluss von Schilddrüsenhormonen zwar zur Hochregulierung bestimmter Ionenkanäle führt, die den Herzrhythmus kontrollieren und daher auch Schrittmacherkanäle genannt werden, die Herzfrequenz selbst jedoch unverändert blieb. „Dass die Regulation zweier Schrittmacherkanäle weiterhin in den Mäusen funktioniert, ist besonders interessant. Daraus können wir schließen, dass diese beiden Kanäle nicht alleine für die erhöhte Herzrate in der Schilddrüsenüberfunktion verantwortlich sind“, ergänzt Dr. Riccardo Dore, Erstautor der Studie.

Die Forschenden weisen darauf hin, dass in den aktuellen Lehrbüchern der Effekt der Schilddrüsenhormone auf die Herzrate genau diesen Kanälen zugeschrieben wird. Das müsse nun geändert werden.

Originalpublikation:

Dore, R., Watson, L., Hollidge, S. et al. Resistance to thyroid hormone induced tachycardia in RTHα syndrome. Nat Commun 14, 3312 (2023). https://doi.org/10.1038/s41467-023-38960-1


Kontakt für Rückfragen:

Prof. Dr. Jens Mittag
CBBM, Institut für Endokrinologie & Diabetes
AG Molekulare Endokrinologie
Universität zu Lübeck
E-Mail: Jens.Mittag(at)uni-luebeck(dot)de 
Telefon: +49 451 3101 7826