Forschende der Universität zu Lübeck und des Universitätsklinikums Schleswig-Holstein, Campus Lübeck, haben gemeinsam mit dem Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung (Zi) eine umfassende Studie zur Akutversorgung in Hausarztpraxen veröffentlicht.
Die Ergebnisse zeigen: Drei von vier Patientinnen und Patienten mit akuten Beschwerden können direkt in der Hausarztpraxis behandelt werden, ohne Krankenhaus oder Spezialist. Damit wird die zentrale Rolle der Allgemeinmedizin für schnelle Hilfe und die Entlastung von Notaufnahmen belegt. Die Studie basiert auf Routinedaten von über 870.000 Behandlungsfällen und Befragungen in Hausarztpraxen.
Hausärztinnen und Hausärzte als erste Anlaufstelle
Plötzliches Fieber, Bauchschmerzen oder Verletzungen: in den meisten Fällen ist die Hausarztpraxis die erste Adresse. Die Untersuchung von Prof. Dr. Jost Steinhäuser und Dr. Christoph Strumann vom Institut für Allgemeinmedizin, Universität zu Lübeck und Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Campus Lübeck, zeigen, dass über 70 Prozent aller hausärztlichen Behandlungen Akutfälle sind. Rund drei Viertel dieser Patientinnen und Patienten können vollständig in der Praxis versorgt werden. Nur 3,4 Prozent müssen innerhalb von zwei Wochen in ein Krankenhaus eingewiesen werden. Die Ergebnisse machen deutlich, dass Hausarztpraxen in der Mehrzahl der Fälle selbst eine vollständige Behandlung sicherstellen und weder über- noch einweisen müssen. Damit tragen sie entscheidend dazu bei, Notaufnahmen zu entlasten und die Versorgung effizient zu gestalten. „Unsere Studie zeigt, dass die Hausarztpraxis für die große Mehrheit der akuten Beschwerden die richtige Anlaufstelle ist. Patientinnen und Patienten erhalten dort schnell und zuverlässig Hilfe“, sagt Dr. Christoph Strumann vom Institut für Allgemeinmedizin am Campus Lübeck.
Versorgungsforschung zeigt Lücken auf
Durch diese und andere Studien untersucht das Forschungsteam, welche Rolle Hausärztinnen und Hausärzte in der Akutversorgung spielen und wie ihre Arbeit im Gesundheitssystem sichtbarer gemacht werden kann. Dabei zeigt sich, dass akute Beschwerden vor allem zu Wochenbeginn besonders häufig auftreten, dass besonders jüngere Menschen Praxen wegen akuter Beschwerden aufsuchen und dass Menschen mittleren Alters häufiger schwerere Verläufe nach einem Akutfall haben. Zudem schließen die Forschenden eine bislang existierende Lücke: Anders als in Notaufnahmen gab es in Hausarztpraxen bisher keine etablierten Instrumente, um die Dringlichkeit und Komplexität von Fällen systematisch zu erheben. Ihre Arbeiten machen deutlich, dass die hausärztliche Versorgung eine tragende Säule der Akutmedizin ist und auch in der gesundheitspolitischen Diskussion stärker berücksichtigt werden sollte.
Zum Hintergrund
In Deutschland diskutiert die Politik derzeit über eine Reform der Notfallversorgung. Die Ergebnisse der Lübecker Forschenden unterstreichen, dass Hausarztpraxen eine tragende Säule der Akutversorgung sind und bestehende Strukturen gestärkt werden sollten, anstatt neue Parallelangebote aufzubauen. Damit leisten sie nicht nur für Patientinnen und Patienten schnelle Hilfe, sondern auch für das gesamte Gesundheitssystem einen unverzichtbaren Beitrag zur Entlastung.
Originalveröffentlichungen:
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Dr. Christoph Strumann
Institut für Allgemeinmedizin
Universität zu Lübeck und
Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Campus Lübeck
E-Mail c.strumann(at)uni-luebeck(dot)de
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