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Lehrkonzepte Medizin

„Mittwochskurs“ und begleitende Hauptvorlesung Hals-­, Nasen-­ und Ohrenheilkunde

Lehrende: Prof. Dr. Barbara Wollenberg (Direktorin der Klinik), Prof. Dr. Schönweiler (Leiter der Sektion Phoniatrie), Dr. Bruchhage (Leitender Oberarzt), PD Dr. Frenzel (Geschäftsführender Oberarzt), Dr. Schröder (Oberärztin), PD Dr. Steffen (Oberarzt), Dr. Sabrina Heinrichs (wissenschaftliche Mitarbeiterin), Matthias Ritter (wissenschaftlicher Mitarbeiter), Dr. Philipp Rudolph (wissenschaftlicher Mitarbeiter) und alle Mitarbeiter/innen der Klinik für Hals-­, Nasen-­ und Ohrenheilkunde

Studierende: Alle Studierenden des 5.Studienjahrgangs (SS 2014: 102 Studierende; WS 2014/2015: 105 Studierende)

Didaktik

Es handelt sich bei dem Kurs um den sogenannten „Mittwochskurs“, ein Blockpraktikum in Form von Seminaren und praktischen Übungen sowie einer semesterbegleitenden Vorlesung. An fünf aufeinanderfolgenden Mittwochen durchlaufen die Studierenden einen Rotationsplan mit verschiedenen Stationen und Themenschwerpunkten in der HNO als BedSide-Teaching und praktische Übungen. Ein einstündiges Seminar greift den Aspekt akute/chronische Atemnot und Kommunikation im Bereich Palliativmedizin in der HNO auf. Kursbegleitend findet eine wöchentliche zweistündige Vorlesung mit theoretischen Inhalten und Patientenvorstellungen statt.

Im Blockpraktikum der HNO handelt es sich um die innovative Umsetzung eines Praxisorientierten Skillslab. Der Erwerb praktischer Fähigkeiten ist führend und in einem theoretisch forschenden Anteil eingebettet. Im „Hands-­on-­Training“ werden zum Teil an Lehrpuppen (z.B. Koniotomie, Intubation, Umgang mit Trachealkanülen) zum Teil gegenseitig sozusagen am „lebenden Objekt“ (Legen von Magensonden, Nasentamponade, Audiometrie...) später klinisch häufig gebrauchte Fähigkeiten trainiert. Die HNO ist in dem neuen Format des Lernschwerpunktes „Kommunikation“ eingebettet.

Semesterbegleitend vertieft eine Vorlesung die theoretischen Hintergründe und demonstriert in allen Vorlesungen 2-­3 Krankheitsbilder anhand von aktuellen Patienten der HNO-Klinik (z.B. Probleme eines laryngektomierten Patienten -­ hierzu laden wir z.B. regelmäßig den Vorsitzenden des Kehlkopflosenversbandes Schleswig-Holstein ein). Diese Vorstellungen sind für die Studierende besonders eindrücklich. Am Ende des Semesters findet in Vorbereitung auf die Klausur und das Staatsexamen ein IMPP basiertes TED-­Quiz statt.

Während des gesamten Semesters bietet die HNO einen „Leihbücherservice“ an. Studierende können sich gegen Kaution das Examensrelevante Buch leihen und am Ende des Semesters ein sauberes Buch wieder zu Geld machen….

Im Vordergrund des Mittwochskurses HNO steht das Erkennen von häufigen Krankheitsbildern aus dem Fachgebiet HNO, das Erlernen des Fachwissens sowie allgemeiner praktischer Fähigkeiten. Im Rahmen des Kurses wird jedoch auch ein interdisziplinärer Bezug zur Palliativmedizin und Schnittstellen insbesondere zu den Fächern Innere Medizin, Neurologie, Notfallmedizin und Kinderheilkunde aufgebaut.

An vielen Stellen des Kurses und der Vorlesung wird auf den Evidenzgrad hingewiesen. Leider ist dieser in der HNO Heilkunde nicht so hoch, wie wir uns das wünschen würden. Deshalb betreibt die HNO Klinik für die Onkologie, Rhinologie, und Otologie ein eigenes Forschungslabor. Inhalte der Fragestellungen, die dort molekular hinterfragt werden, fließen unmittelbar in den Unterricht ein.

Ein wichtiges Anliegen für uns ist es zudem die Studierenden zum wissenschaftlichen Selbststudium durch Internet und Pubmed anzuregen.

Kollegiale Beratung

Das heutige Lehrkonzept HNO ist das Ergebnis jahrelanger Weiterentwicklung. Eingeflossen sind die Erfahrungen und Erwartungen aus der eigenen Studienzeit, die Erfahrung anderer Kollegen auch anderer Fachrichtungen z.B. zum Thema Moodle und TED‐System und vor allem die konstruktive Kritik aus der Evaluation der Studierende nach jedem Semester. Diese hat zu einem großen Teil dazu beigetragen, die Veranstaltung kontinuierlich zu verbessern.

Methodik 

Vorlesung und Fallvorstellung: Zur Vermittlung des theoretischen Wissens dient vor allem die semesterbegleitende Vorlesung und „Präsentation“ von Patienten und ihrer Krankheitsbilder – In der Schilderung der Symptomlast ohne Nennung der Diagnose durch die Patienten wird die Erkrankung eindrücklich in ihrer Darstellung geschildert und später diagnostisch und theoretisch Schrittweise aufgearbeitet.

„Skillslab“ in der HNO-Klinik: Im Rahmen des Mittwochskurses sollen vor allem praktische Fähigkeiten der Diagnostik und Therapie, aber auch wie in der Vorlesung das Wissen um und Erkennen von den häufigsten Krankheitsbildern vermittelt werden.

Die Kurse finden in den Räumlichkeiten der Klinik (Poliklinik und Stationen) statt, die zu diesem Zweck den regulären Patientenverkehr einstellt. Es stehen daher sämtliche diagnostische, vor allem auch apparative Möglichkeiten, inklusive eines Operationssaales zur Verfügung. Es erfolgt eine Schulung an den originalen „Werkzeugen“ des HNO-Arztes lebensnah statt, die die Studierende selber „bedienen“ müssen, um sich gegenseitig oder Patienten zu behandeln. Die Studierenden verwenden Pricktestmaterialien um z.B. Allergien abzuklären, Instrumente wie Nasenspekula, Ohrtrichter, 30° Endoskope usww. Durch die Möglichkeit der Ankopplung des Endoskops an einen Monitor können alle Untersuchungsbefunde übersichtlich und vergrößert für alle dargestellt und die Details gezeigt werden.

Übung an Modellpuppen: Zusätzlich werden bei den Skills‐lab Übungen die verschiedensten Untersuchungsinstrumente und -materialen genutzt sowie Modellpuppen z.B. zur Durchführung einer Koniotomie, Wechsel von Kanülen, etc.

POL in Kleingruppenarbeit: Im Seminar Palliativmedizin beschäftigen wir uns besonders mit dem Aspekt der chronischen Atemnot und der Kommunikation mit atemnötigen oder kanülierten Patienten. Hier werden im Rahmen einer Kleingruppenarbeit die Bedarfe solcher Patienten und ihrer Anverwandten erarbeitet.

Medien

Im Mittwochskurs HNO nutzen wir verschiedene Medien zur Wissensvermittlung. Neben dem Laptop und Beamer in den Seminaren nutzen wir vor allem Moodle um den Studierenden jederzeit den Zugang zu Vorlesungsmaterialien zu ermöglichen, sei es zur Vor‐ oder Nachbereitung der Vorlesung. Zu Semesterbeginn wird die gesamte Vorlesung, als auch das kursbegleitende Skript in Moodle hochgeladen. Die Studierenden können mit diesem Skript dann entweder digital arbeiten oder es sich selbstständig ausdrucken, je nachdem wie sie möchten. Somit wird unnötiger Papierdruck und auch Kosten für unsere Klinik bzw. für die Studierenden vermieden. Zudem ist es durch die heutige Vernetzung möglich zu fast jeder Zeit und von fast jedem Ort darauf zuzugreifen.

Die Studierenden bekommen alle am Patienten einzusetzenden „Originalmaterialien“ (Spekulum, Endoskope, Ultraschall, Audiometrie, Kanülen, Tamponaden, Magensonden usw.) in die Hand und arbeiten wahrhaftig „klinisch“ (siehe Kapitel Methodik).

Inhalte

Der Mittwochskurs HNO soll einen Überblick über die unterschiedlichen Krankheitsbilder im Kopf-Halsbereich, damit verbundene diagnostische Methoden, Differentialdiagnostik und die konservative sowie chirurgische Therapie vermitteln. Vertiefende Aspekte im Bereich der Allergologie, Schlafmedizin, Neurootologie und Palliativmedizin werden ebenfalls vermittelt.

Das Ziel des Mittwochskurses HNO ist es die Studierenden die fachbezogenen, technisch anspruchsvollen Untersuchungsarten näher zu bringen und auch Berührungsängste bei der Anwendung am Patienten abzubauen. Durch das Durchführen der Untersuchungstechniken untereinander soll zudem das Verständnis für mögliche Untersuchungsängste der Patienten durch Eingriffe in die Körperfühlsphäre sensibilisiert werden (z.B. Würgereflex, Schmerzen beim Tamponadelegen, etc.).

Zu Beginn des Kurses findet an einem Tag die Wiederholung der Untersuchungstechniken in der HNO im hauseigenen Spiegelsaal oder Ambulanz statt, um das Handling der unterschiedlichen Instrumentarien aufzufrischen, da der Untersuchungskurs schon lange zurück liegt. Neu hinzu kommt das Erlernen der Endoskopie des oberen Schluck/Atemweges. Hier untersuchen die Studierende sich in Kleingruppen gegenseitig. Zusätzlich werden Normalbefunde und pathologische Befunde erörtert.

Am zweiten bis fünften Kurstag findet eine abgestimmte Rotation in Kleingruppen statt. Die Hauptzeit wird die die Vermittlung von Clinical Skills und Bedsideteaching verwendet. Es gibt einzelne Seminare zum Thema Palliativmedizin, Operationslehre HNO und obstruktiver Schlafapnoe.

Die einzelnen Stationen umfassen das Durchführen und Bewerten von Untersuchungen im Bereich: 

Otologie und Neurotologie (findet in den Audiometriekabinen und der Poliklinik der HNO-Klinik statt)

  • Otologie: Adäquate Untersuchung des Trommelfells und des Gehörgangs inklusive Normalbefunde und pathologischen Befunden
  • Audiologie: Tonaudiometrie, Sprachaudiogramme, Otakustische Emissionen, Tympanometrie, Hirnstammaudiometrie, Versorgung mit Hörgeräten, Implantierbare Hörsysteme (Aktive Mittelohrhörgeräte und Cochlear Implant), Spezielle Fragestellungen der frühkindlichen Hörstörungen
  • Vestibularorgan: Schwindeltest nach Unterberger, Romberg-Versuch, Lagerung und Lagenuntersuchung, Kopf‐Impulstest, kalorische Untersuchung des Vestibularorgans, Elektronystagmographie
  • Pädaudiologie: Probleme bei Störungen des kindlichen Spracherwerbs und Sprechstörungen

Rhinologie (findet in der Poliklinik HNO statt)

  • Allergieanamnese, Rhinomanometrie, Pricktest, nasale Provokation, Versorgung von Nasenbluten mit den verschiedenen Stufen der Nasentamponade (zunächst am Modell, dann gegenseitig)

Fachbezogene Bildgebung (findet in der Poliklinik HNO statt)

  • Ultraschall am Hals mit Selbstanalyse der dargestellten Strukturen, Demonstration von z.B. Patienten mit vergrößerten Halslymphknoten. Analyse von Fallspezifischen Röntgenbildern und CT sowie MRT Aufnahmen. Erlernen der Standardanforderung und Analyse bei Z.B. traumatologischen Fällen / Weichgewebsveränderungen des Halses….und anderen relevanten HNO Krankheitsbildern

Laryngologie

  • Endoskopie, flexible Endoskopie, Umgang mit Stimmprothesen am Modell, Stroboskopie, Störungen der Stimme versus Störungen der Sprache, relevante phoniatrische Aspekte

Atemnot

  • Sicherung des Atemwegs (an der Lehrpuppe): Wie fühlt sich Atemnot an (z.B. Strohhalmversuch: 2 min durch Strohalm atmen), Mundhöhleninspektion, Intubation, Koniotomie, Tracheotomie, Kanulenkunde (welche Kanülen gibt es, wie werden sie eingesetzt, welche haben eine Seele)
  • Chronische Atemnot des palliativen Patienten: Medikamentöse Wege die Atemnot zu lindern, Kommunikative Schwierigkeit des kanülierten Patienten, des atemlosen Patienten, Linderung durch z.B Handfächer und „ruhigen“ Umgang
  • Schlafbezogene Atemstörungen (im Schlaflabor der HNO): Symptome und Differentialdiagnosen schlafbedingter Atemstörungen, Durchführung einer Polygraphie und Polysomnographie, Diagnosestellung einer obstruktiven Schlafapnoe, Demonstration der verschiedenen Überdrucktherapien, Therapiealternativen (unsere Klinik ist derzeit in Norddeutschland die einzige, die den sogenannten Zungenschrittmacher implantiert)
  • Erkennen und Diagnostizieren von HNO-typischen Krankheitsbildern: Stationsvisite mit Untersuchung und Vorstellung von Patienten durch Studierende. Es werden hier sowohl prä- als auch postoperative Fälle sowie konservative Therapieregime erarbeitet, hinterfragt und vorgestellt.

Aus der Analyse der klinischen Zahlen ist bekannt, dass die HNO im klinischen Bereich des UKSH das Konsilstärkste Fachgebiet ist. Allgemeines Fachwissen aus der HNO ist sehr Lebensrelevant! Unser Hauptaugenmerk liegt neben der Vermittlung von theoretischem HNO-Wissen im Rahmen des Curriculums vor allem darin, den Studierenden praktische Dinge für ihr weiteres medizinisches Leben mitzugeben, auch wenn sie nicht den Facharzt für HNO anstreben - sei es die Basisversorgung von Nasenbluten als Internist in einem Krankenhaus ohne HNO-Abteilung, die Untersuchung von Trommelfellen insbesondere als Kinderarzt etc. Durch den verstärkten Einsatz von praktischen Übungen und Patientenvorstellungen war es uns möglich, bei den Studierenden mehr und mehr das Interesse für das „kleine“ Fach HNO zu wecken.

Mit welchen Inhalten und/oder Methoden wurden die Kompetenzen der Studierenden gefördert?

Förderung der Handlungskompetenz: Da im Mittwochskurs HNO viel Wert auf die Förderung der praktischen Fähigkeiten der Studierenden gelegt wird und ein Großteil des Unterrichts auf praktischen Übungen basiert, ist die Förderung der Handlungskompetenz somit auch ein Themenschwerpunkt in unserem Lehrkonzept. Durch das Wiederholen der Untersuchungstechniken, das gegenseitige Untersuchen der Studierende und Übungen an Dummies wird diese gefördert und die Studierenden gewinnen an Sicherheit im Umgang mit Patienten. Mit der Sicherheit, die Untersuchungsmethoden gut zu beherrschen, werden Krankheitsbilder von A bis Z vermittelt und in ihrer Differentialdiagnose unterschieden. Darüber hinaus versuchen wir so viele Patienten, wie möglich mit den Verläufen ihrer Krankengeschichte zu zeigen, um einen Erinnerungswert für die häufigsten Krankheitsbilder zu generieren! (See one - do one - teach one)
Förderung der Methodenkompetenz: Im klinischen Alltag ist es wichtig problemorientiert zu arbeiten. Die Patienten kommen selten mit einer klaren Diagnose. Wir versuchen daher eine systematische Näherung an das Erkennen der Krankheitsbilder und Einschätzung des Patienten in großen Klassen zu lehren, um dann in die Detailaufarbeitung zu gehen: Entzündlich? akut / chronisch - Neoplastisch? benigne/maligne - Trauma / Lähmung - Iatrogen - Missbildung (Infektion Neoplasie Trauma Iatrogen Missbildung = INTIM).

Förderung der sozialen und kommunikativen Kompetenz: Unser zentrales Thema ist die Atemnot und der kanülierte Patient. Der Umgang mit solchen Patienten und deren Angehörigen erfordert enorm viel Geduld, kommunikatives Geschick und Empathie. Dieser Anteil unseres Faches, nicht nur in der Palliativmedizin ist uns enorm wichtig, da wir sehr viele Karzinompatienten betreuen. Die Überlegung, wie wir mit dieser Entität Patient umgehen wird im Rahmen einer Gruppenübung vermittelt. 

Rolle als Lehrende(r)

Sich Wissen aus Quellen selbst anzueignen, es kritisch zu hinterfragen, abzuwägen, die Quellen selbst zu hinterfragen, die Details eines Puzzles zu einer sinnvollen Einheit zusammenzufügen - all das muss man selbst tun, um es irgendwann zu können." (Manfred Spitzer, Gehirnforscher ‐ aus: Digitale Demenz) Durch die hauptsächlich praktische Ausrichtung des Mittwochskurses hat der Lehrende in der HNO die Rolle als Wissensvermittler und Lernbegleiter inne. Uns ist es wichtig den Studierenden HNO-Skills für den weiteren Berufsweg mitzugeben. Die Basis findet sich in der theoretischen Wissensvermittlung, im Weiteren wird das Erlernen von praktischen Fähigkeiten wie z.B. das Durchführen der Anamnese und Untersuchungen vermittelt und durch uns begleitet. Wir möchten die Studierenden unterstützen, die Relevanz der HNO in der Humanmedizin zu entdecken. Wichtig ist es zudem, die Studierenden in organisatorischen Fragen zu unterstützen. Viele Studierende möchten den HNO-Kurs während ihres Auslandssemesters absolvieren, den Kurs/die Klausur vorziehen, haben zeitliche Überschneidungen in ihrem Kursplan, müssen den Kurs mit ihrer Doktorarbeit oder Kinderbetreuung überein bringen oder ähnliches. Für den Betreuer des Studierendenkurses in der HNO ist es somit auch sehr wichtig, für die Studierenden ansprechbar zu sein, auf ihre persönlichen Probleme einzugehen und hier Lösungen zu finden.

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