Großes Interesse am Vortrag von Prof. Laura Schelenz
Wieder volles Haus: Für den dritten Vortrag im diesjährigen Studium Generale zum Thema (UN)WISSEN.SCHA(F)FT.RASSISMUS tauschten viele Lübecker*innen das heimische mit dem innenstädtischen Wohnzimmer im Übergangshaus.
Am 20.11. sprach Prof. Laura Schelenz über ein Thema, das alles etwas angeht: Von algorithmischer Diskriminierung hin zu diversitätssensibler KI – wie geht das? Laura Schelenz, die zu feministischen und ethischen Dimensionen von Technikentwicklung forscht, war nicht selbst vor Ort, sondern in einem Live-Video online zugeschaltet. Aber dies tat dem Vortrag keinen Abbruch. Im Gegenteil: Ihre Ausführungen zum Thema waren klar verständlich und auch die Diskussion mit dem Publikum kam nicht zu kurz.
Die schöne neue Welt, wie sie noch vor ein paar Jahren und Jahrzehnten durch den vermehrten Einsatz von Technik und weltweiter Vernetzung vorhergesagt wurde, sei vielleicht weder neu noch schön. Schelenz zeigte, wie Systeme der Künstlichen Intelligenz von Daten abhängig sind, die bereits von sozialer Ungerechtigkeit geprägt sind. Denn diese Daten bilden die diverse Weltgemeinschaft nicht adäquat ab. Algorithmus basierte Techniksysteme erlernen also mittels Trainingsdaten, die bestehende Machtverhältnisse und Benachteiligungen reproduzieren.
Kein Hinterfragen
Künstliche Intelligenz könne rassistische und diskriminierende Daten nicht hinterfragen, sagte Schelenz und machte deutlich, dass rein technische Antworten auf die Notwendigkeit der Diversifizierung von Datensätzen und Algorithmen durch menschliche Korrekturen zu kurz greifen. Echte Teilhabe in der immer stärker digitalisierten Gesellschaft kann nur durch eine schonungslose Analyse der KI und ihre gesellschaftlichen Folgen sowie durch ein kritisches Design solcher Systeme gewährleistet werden.
Künstliche Intelligenz könne also nur dann gesellschaftlichen Wandel bedeuten, wenn auch soziale Gerechtigkeit befördert werde. Anstatt auf Technisierung und Gewinnmaximierung zu fokussieren, die bestehende Missstände reproduzieren und fortschreiben, brauche es transdisziplinäre Perspektiven auf soziale Machtverhältnisse, ebenso wie die Frage, für wen und von wem Technik entwickelt wird.
Moderiert wurde der Abend von Amanda Küting, beauftragte Person für Diversität der Technischen Hochschule Lübeck, und Christian Herzog, Professur für ethische, rechtliche und soziale Aspekte der Künstlichen Intelligenz an der Universität zu Lübeck. Das Moderationsteam führte das Publikum professionell und charmant durch den Abend.
Das Studium Generale ist eine Vorlesungsreihe der Universität zu Lübeck, der Musikhochschule, der Technischen Hochschule und der Hansestadt Lübeck. Erstmals ist Lübeck hoch drei mit diesem Projekt im Übergangshaus zu Gast.
Die Hansestadt Lübeck unterstützt das Projekt über den Lübecker Integrationsfonds. Finanzielle Unterstützung kommt auch von der Partnerschaft für Demokratie Lübeck (gefördert über das Bundesprogramm „Demokratie leben!“). Wie zu jeder Vorlesung war an diesem Abend auch wieder das Haus der Kulturen mit einen Informationstisch zu antirassistischer Arbeit in der Hansestadt vor Ort. Ein Büchertisch der Buchhandlung Langenkamp bietet dem Publikum mit passender Literatur die Möglichkeit zur weiteren Vertiefung.
Der nächste Vortrag im Studium Generale findet am Mittwoch, den 4.12.2024 um 20 Uhr im Übergangshaus zum Thema „Rassismuskritische Medizin“ statt. Eingeladen ist Shreyasi Bhattacharya, Präsidentin der Association of International Medical Students Köln, die sich als Studierende und Ärztin aktiv für eine rassismuskritische Ausbildung in der Medizin einsetzt. Das Grußwort spricht die kommissarische Präsidentin der Universität zu Lübeck, Prof. Gabriele Gillessen-Kaesbach.
für die Ukraine