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Donnerstag, 09.01.2020

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Vorbild – Feindbild – Reizbild

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Der Blick außereuropäischer Eliten auf Europa im Zeitalter von Spätkolonialismus und Dekolonisation (ca. 1880–1960) - Harald Fischer-Tiné (Zürich) am 29. Januar im Studium generale der Universität (19:15 Uhr, Institut für Medizingeschichte und Wissenschaftsforschung, Königstraße 42)

Während der Hochblüte des Imperialismus im späten 19. und frühen 20. Jahrhundert hat sich Europa selbst meist als Mittelpunkt und Motor der Welt verstanden. Wie aber schauten Intellektuelle und politische Aktivisten aus den kolonisierten Teilen der Welt auf Europa? Der Vortrag zeichnet nach, wie und warum sich Wahrnehmung und Deutungen des ‚alten Kontinents‘ in jenen Jahrzehnten drastisch wandelten. Vom beneideten Vorbild, dem man nacheifern wollte, wurde Europa im Zeitalter der Dekolonisation im globalen Süden immer häufiger zur Chiffre für politische Repression, seelenlosen Materialismus und kulturelle Arroganz. Die Folgen dieser Entwicklung sind auch im 21. Jahrhundert noch allgegenwärtig.

Harald Fischer-Tiné is Professor of Modern Global History at the Swiss Federal Institute of Technology in Zurich (ETH Zürich). He has studied South Asian history, political science and Hindi at the University of Heidelberg (from where he earned his PhD in 2000) and the Central Hindi Institute in Agra (India). He has published extensively on South Asian colonial history and the history of the British Empire. His research interests include global and transnational history, the history of knowledge and the social and cultural history of colonial South Asia. His most recent monographs are: Shyamji Krishnavarma: Sanskrit, Sociology and Anti-Imperialism (London and Delhi, 2014); Pidgin-Knowledge: Wissen und Kolonialismus (Berlin - Zurich, 2013, in German). He has also (co)-edited ten anthologies, the most recent of which are: Anxieties, Fear and Panic in Colonial Settings (New York and Houndmills, 2017); Global Anti-Vice Activism, 1890–1950: Fighting Drinks, Drugs, and “Immorality” (Cambridge, 2016), with Jessica Pliley and Robert Kramm;  and Colonial Switzerland: Rethinking Colonialism from the Margins (New York and Houndmills, 2015), with Patricia Purtschert.

His articles and book reviews have appeared in many scholarly journals including the American Historical Review, Past & Present, Comparative Studies in Society and History, Modern Asian Studies and the Journal of Imperial and Commonwealth History. Currently, Harald Fischer-Tiné is concluding the manuscript of a research monograph on the history of the American YMCA in South Asia (1890–1960).

Thema "Europa" im Lübecker Studium generale

Was meinen wir, wenn wir von Europa sprechen? Europa kann nicht einfach als geographischer Raum beschrieben werden, der verschiedene Staaten, Sprachen und Völker umfasst. Es ist auch Konstrukt und Institution, Idee und jeweilige Wirklichkeit. Als Idee verkörpert Europa Hoffnungen, Werte und politische Vision, lässt aber auch einen Schriftsteller wie Stefan Zweig sinnieren, ob Europa eine Welt von gestern sei.

Einige kritisieren die wirklichkeitsformende Institution Europa als wirtschaftspolitisches Machtgefüge oder ökonomischen Zweckverein. Für Andere tritt Europa auf als identitärer Rückzugsort der "Europäer", das  sich mit Grenzregimen und Abschottungspolitik schützt. Gegenwärtig ist Europa in einer Situation der Krise und der Umbrüche, die die politische Ebene der Europäischen Union beunruhigen. Der Verweis auf einen "europäischen Wertehorizont" – Aufklärung, Pluralismus, Demokratie und Menschenrechte – soll die Suche nach kulturellen Gemeinsamkeiten stützen.

Das Konzept "Europa" wirft Fragen auf und fordert zum Perspektivwechsel heraus. Welchen Weg sollte "Europa" gehen? Wo liegen die Konfliktzonen? Wie wird Europa von anderen Orten aus gesehen? Am 6. November spricht Nilüfer Göle aus Paris über "Islam in Europe: Debating Norms in Public Life" (19:15 Uhr im Hörsaal des Instituts für Medizingeschichte und Wissenschaftsforschung der Universität, Königstraße 42).

Der Abschlusstermin des Semesters:

12. Februar 2020
„Koloniale Kontinuitäten und Schwarzer Widerstand“
Aminata Touré (Kiel)

An den Mittwochabenden  zwischen den Vortragsterminen findet jeweils ein begleitendes Wahlpflichtseminar für Studierende statt.

Prof. Harald Fischer-Tiné