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Mittwoch, 18.07.2007

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Meilenstein in der Herzinfarkt-Forschung

Erbliche Grundlagen für die koronare Herzerkrankung entscheidend aufgeklärt

Ein europäisches Konsortium unter Führung der Universität zu Lübeck hat im renommierten "New England Journal of Medicine" (NEJM) die bislang umfassendste Analyse zur Vererbung des Herzinfarktes veröffentlicht. Dabei wurden völlig neue und besonders risikobehaftete Erbfaktoren identifiziert. Der Beitrag der internationalen Forschergruppe in der Online-Ausgabe des NEJM vom 18. Juli 2007 trägt den Titel "Genomewide Association Analysis of Coronary Artery Disease"  (10.1056/NEJMoa072366).

In dem Konsortium "Cardiogenics", das vom Nationalen Genomforschungsnetzwerk (NGFN) und der EU finanziert wird, arbeiten Forscher aus Deutschland (Lübeck, Regensburg, München), Großbritannien (Leicester und Cambridge) und Frankreich (Paris) zusammen. Koordinator ist Prof. Dr. Heribert Schunkert, Direktor der Medizinischen Universitätsklinik II in Lübeck.

Das Konsortium beschäftigt sich mit der Aufklärung der erblichen Faktoren des Herzinfarkts. Technische Fortschritte, insbesondere die rasanten Entwicklungen auf dem Gebiet der genomweiten Analysenmethoden, haben jetzt die bislang umfassendste Studie zur Vererbung der koronaren Herzkrankheit und des Herzinfarktes möglich gemacht.

Jedes Jahr sterben in Europa rund 750.000 Menschen an einem Herzinfarkt. Die zugrunde liegende Erkrankung der Herzkranzarterien und der Herzinfarkt gehören damit in Deutschland zu den mit Abstand häufigsten Todesursachen. Neben traditionellen Risikofaktoren wie Alter, Bluthochdruck, Fettstoffwechselstörungen, Diabetes mellitus, Zigarettenrauchen und Übergewicht spielen vererbbare Risikofaktoren eine erhebliche Rolle bei der Entstehung der Erkrankung.

Erst seit wenigen Monaten ist die gleichzeitige Analyse von 500.000 über das gesamte Genom verteilten Genvarianten (sog. SNPs) technisch durchführbar. Diese methodische Innovation hat die Suche nach vererbbaren Krankheitsursachen revolutioniert. In kurzer Folge wurde so in den vergangenen Wochen über die Identifikation bislang unbekannter Gene bzw. Genregionen für häufige Volkskrankheiten, zum Beispiel Diabetes mellitus, Brustkrebs, Prostatakrebs oder Fettsucht, berichtet.

Im Rahmen des "Cardiogenics"-Konsortiums wurden zwei Fall-Kontroll-Populationen aus England und Deutschland mit einem 500.000 SNP-Chip untersucht. Parallel wurden zwei weitere genomweite Untersuchungen aus Island und Kanada zum Herzinfarkt publiziert.

Prof. Schunkert sagte anlässlich der neuen Ergebnisse: "Es ist erstaunlich, dass in all diesen Untersuchungen derselbe Genlokus auf Chromosom 9p21.3 als Ursache für den Herzinfarkt identifiziert wurde. Durch diese Genvariante kann sich für betroffene Personen das Erkrankungsrisiko verdoppeln."

Priv.-Doz. Dr. Jeanette Erdmann, Leiterin des molekulargenetischen Labors der Lübecker Klinik, hebt hervor, dass "anhand dieser hervorragenden Forschungsergebnisse auch die Hoffnung erwächst, neue Entstehungsmechanismen für den Herzinfarkt zu finden und damit Medikamente zu entwickeln, die seine Entstehung verhindern".

Für Mitglieder von Herzinfarkt-Familien besteht durch die neuen Erkenntnisse schon in naher Zukunft die Chance, rechtzeitig ein erhöhtes Herzinfarkt-Risiko zu erkennen und präventive Maßnahmen einzuleiten.

Prof. Dr. Christian Hengstenberg, Kardiologe aus Regensburg und Mitautor der Arbeit im "New England Journal of Medicine", erläutert die Bedeutung der Befunde und betont, dass "das häufige Vorkommen des risikobehafteten Gens und der starke Effekt in unserer Bevölkerung jeden fünften Herzinfarkt erklären. Die Risikoerhöhung durch diese genetische Variante ist damit mit den bislang bekannten traditionellen kardiovaskulären Risikofaktoren vergleichbar."

"Nur die neue Technologie, die uns seit kurzem zur Verfügung steht, und die gute Zusammenarbeit der verschiedenen Gruppen hat diese phantastischen Ergebnisse ermöglicht", erklärt Prof. Dr. Andreas Ziegler, Direktor des Instituts für Medizinische Biometrie und Statistik der Universität zu Lübeck

Prof. Dr. Heribert Schunkert

Prof. Dr. Heribert Schunkert

Priv.-Doz. Dr. Jeanette Erdmann (Foto: W. Langenstrassen / dpa)

Priv.-Doz. Dr. Jeanette Erdmann (Foto: W. Langenstrassen / dpa)