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Mittwoch, 12.10.2011

Universität

Dominiak und Fouquet: „Gute Lehre bedarf exzellenter Forschung“

Die Präsidenten der Universitäten Lübeck und Kiel reagieren besorgt auf Presseberichte zu Vorschlagsentwürfen des Landesrechnungshofes

Auf die von offizieller Seite bisher unveröffentlichten Vorschläge des Landesrechnungshofes (LRH), die Universitäten Kiel und Lübeck sollten sich angesichts der Schuldenbremse des Landes und weiter steigender Studierendenzahlen stärker auf die Lehre konzentrieren und Forschungsvorhaben zurückstellen (s. heutige Ausgabe der Kieler Nachrichten), reagierten die Präsidenten beider Hochschulen am Mittwoch, 12. Oktober, mit Sorge. Sie bedauern grundsätzlich die vorzeitigen Veröffentlichungen aus dem Entwurfsstadium, die der sachgerechten Auseinandersetzung über das wichtige Thema der Hochschulfinanzierung schaden.

Professor Gerhard Fouquet (Kiel) und Professor Peter Dominiak (Lübeck) bezeichneten die Forderungen des LRH in der veröffentlichten Form als „in weiten Teilen unrealistisch“. In seinen Schlussfolgerungen sei der Rechnungshof über das Ziel hinausgeschossen. Insbesondere kritisieren die Hochschulleitungen pauschalierte Kürzungsauflagen, die überdies noch über denen im übrigen Landesbereich liegen sollen. „Die Hochschulen haben bereits in der Vergangenheit durch Stellenabbau, Umwidmungen und eine nicht inflationsbereinigte Hochschulfinanzierung einen erheblichen Beitrag zum Abbau des strukturellen Defizits im Land geleistet. Wir können nicht erkennen, dass der LRH diese Beiträge angemessen würdigt“, beklagen Fouquet und Dominiak.

Zwar weise das Gutachten nachvollziehbar auf finanzpolitische und organisatorische Schwachstellen des aktuellen schleswig-holsteinischen Hochschulsystems hin, entschieden widersprechen beide Hochschulen jedoch der Forderung des LRH, Ausbildung müsse Vorrang vor einer ausgeprägten Forschungsorientierung haben. Fouquet und Dominiak: „Lehre und Forschung sind nach dem Hochschulgesetz gleichrangige Aufgaben. Und nur mit exzellenter Forschung wird es zukünftig möglich sein, die notwendigen Einahmen im Drittmittelbereich auf dem aktuell hohen Niveau zu halten.“

Gleiches gilt nach Ansicht der Präsidenten für die Ausbildung: Akademische Lehre in einzelnen Fächern ohne Forschungshintergrund koppele diese mittelfristig von der Entwicklung ab. Fouquet und Dominiak: „Lehre und Forschung sind in der Universität kommunizierende Röhren. Die Förderung einer der beiden Aufgaben darf nie zu Lasten der anderen gehen. Grundlagenforschung heute ist die Lehre von morgen. Der Ansatz, Lehre und Forschung gegeneinander auszuspielen, widerspricht der Arbeit von und an Universitäten.“

Kritisch betrachten die Hochschulen das vom LRH vorgeschlagene neue Finanzierungsmodell. Die vom LRH als zusätzliche Ausstattung der forschungsstarken Universitäten zugedachten Mittel aus dem so genannten Exzellenz- und Strukturbudget seien der Höhe nach für die erforderliche finanzielle „Nachjustierung“ entsprechend dem erreichten Ausdifferenzierungsgrad bereits heute zu knapp bemessen. Hierbei beziehen sich die Präsidien auf die aktuellen Empfehlungen des Wissenschaftsrates zur Differenzierung der Hochschulen (Köln 2011). „Ohne eine weitere Fortsetzung der Diversifizierung der Hochschulen im Sinne einer funktionalen Ausdifferenzierung wird es aber nicht möglich sein, die Fülle der an das Hochschulsystem herangetragenen Aufgaben und Erwartungen erfüllen zu können. Deshalb muss der Anteil der für diesen Diversifizierungsprozess zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel im Verhältnis zu den formelhaft zur Verfügung gestellten Mitteln gemäß dem LRH-Modell deutlich vergrößert werden“, fordern Dominiak und Fouquet.

Angesichts steigender Studierendenzahlen und laufender Exzellenzanträge bräuchten die Hochschulen gerade jetzt vielmehr das klare Bekenntnis der Politik zu Forschung und Lehre. „Allein exzellente Forschung am jeweiligen Standort sichert langfristig auch eine hervorragende Ausbildung. Beides benötigt Zeit, Verlässlichkeit und vor allem Vertrauen. Der finanzielle Umfang aller aktuellen Anträge beträgt über 150 Millionen Euro. Geld für die Forschung. Geld für Schleswig-Holstein. Wir können bei der Forschung nicht einfach bis 2017 die Pausetaste drücken. Dann verspielen wir unsere Zukunft.“

Zudem würde, so Fouquet und Dominiak, nach außen das Signal gesetzt, dass sich Schleswig-Holstein exzellente Forschung nicht leisten könnte, was wiederum gravierende Auswirkungen auf die künftige Rekrutierung von Professorinnen und Professoren und von Studierenden hätte. Das Land verlöre gegenüber der nationalen und internationalen Konkurrenz weiter an Innovations- und damit Wettbewerbsfähigkeit, die nicht zuletzt auch für die wirtschaftliche Entwicklung des Landes überragendes Gewicht haben.